Streit um erotischen Fundus von Arnulf Rainer

Kunst | 06.03.2023 16:28

Arnulf Rainer aus "Erotischem Teneriffa-Fundus"

Die umstrittenen Werke Arnulf Rainers, die am Anfang des Jahres in einem vermeintlichen Urheberrechts- und Fälschungsprozess in Wien Aufmerksamkeit erregten, sind echt - und dürfen auch verkauft werden. Das hat das Bezirksgericht Innere Stadt zugunsten einer Kunstsammlerin entschieden. Genauer ging es um eine Reihe von Gemälden, die Arnulf Rainer auf Teneriffa angefertigt hatte. Dass diese höchst erotischen Bilder dann bei einer Kunstsammlerin aufgetaucht sind, passte seiner Lebensgefährtin gar nicht, welche den Prozess anstrengte. Die von konservativen Kommentatoren als "skandalös" oder sogar "pornografisch" betitelten Werke Rainers sind auf alle Fälle selten und besonders, weil die erotisch inspirierte Kunst bislang nicht im Fokus des vor allem für seine Übermalungen berühmten Künstlers zu stehen schien.

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„What the Fem*?“ - Feministische Kunst im Nordico Linz

Kunst | 20.11.2022 21:59

Julia Bugram - Alles was Du sehen willst

Aktuelle Standpunkte feministischer Kunst sind in Linz zu bestaunen. Wer schon immer einmal einen Gips-Abdruck der eigenen Vulva machen wollte, hat im Rahmen des Begleitprogrammes der „What the Fem*?“-Ausstellung im Nordico, im oberösterreichischen Linz, nun endlich die Gelegenheit dazu. Eine ganze Wand solcher Abdrücke begrüßt die Besucherinnen und Besucher in der neuen provokanten Kunst-Schau, die von Klaudia Kreslehner schrill, modern und poppig kuratiert wurde. Hier greift sich (nicht nur) Frida Kahlo in den Schritt. Stinkefinger und Vulva-Wand erscheinen wie trotzige Symbole eines aktivistischen und weiter um Gleichberechtigung kämpfenden Feminismus, dessen Perspektiven von 1950 bis heute in der Ausstellung „What the Fem*?“ im Stadtmuseum Nordico in Linz gezeigt werden. Die modern kuratierte Schau vereint Historisches mit alten und neuen künstlerischen Positionen sowie Mitmach-Stationen für alle Besucherinnen und Besucher, die sich vielleicht auch darüber wundern mögen, dass post-moderner Feminismus sich in merkwürdiger Weise, wiederholt durch Obszönität, Abwertung / Dekonstruktion oder so etwas wie Punk-Attitude auszudrücken scheint.

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Restaurierung oder Zensur? Erotische Kunst am Kokujoji-Tempel wird entfernt

Kunst | 02.05.2022 22:46

Erotische Kunst am Kokujoji-Tempel, Japan

Lange Zeit verfügte das japanische Niigata über eine Touristenattraktion, die die Gemüter spaltete. Während viel Besucher aus aller Welt kamen, um sich die knapp bekleideten Herren anzusehen, die die Wände des Kokujoji-Tempels zierten, wurden die Darstellungen von religiösen Menschen bereits seit einiger Zeit kontrovers diskutiert. Nun wurden wertvolle und künstlerisch anspruchsvolle Türen des Tempels entfernt und es scheint unklar zu sein, ob es sich um eine Art Verbannung durch die Gemeindebehörde handelt, damit religiöse Gefühle nicht weiter verletzt werden. Oder ob die Türen nur zur Restauration abgegeben wurden um später im frischen Glanz wieder den erotischen Tempel zu schmücken?

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Ikonen-Porno erzürnt Gläubige

Kunst | 29.01.2022 17:15

Christine Metzner aus Pornografische Serie

Erotische Kunst hat schon immer provoziert, nicht zuletzt bürgerlichen und kirchlichen Anstand und Sitte. Porno ist eine Abart und Pervertierung erotischer Kunst, was ihr die Liebe, Schönheit, Kreativität und Sehnsucht raubt. Kirchen als Institution betrachtet haben zuletzt wieder vermehrt durch zahllose Missbrauchsskandale unrühmliche Schlagzeilen in den Medien hinterlassen, was die Vorbildsfunktion ihrer Vertreter samt Theologie korrumpiert. Dazu sorgte im letzten Dezember in Offenbach eine Ausstellungskonzeption für Aufregung. Und für viel Kritik, denn die gezeigte Kunst war eine Ausstellung mit orthodoxen Ikonen, welche die Designerin Christine Metzner mit Darstellungen von Geschlechtsteilen und Kopulationsszenen aus Plastikperlen überklebt hat. Christen verschiedener Konfessionen, insbesondere orthodoxe Gläubige, fühlten sich daraufhin von der „Pornografische Serie“ genannten Reihe von Heiligendarstellungen schwer beleidigt. Die Künstlerin rechtfertigte ihre Konzeption und berief sich unter anderem auf die künstlerische Freiheit.

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Warum ist der Penis in der Kunst so klein?

Kunst | 24.09.2019 22:10

Detail von Michelangelos David in Florenz

Eine Kunsthistorikerin stellt sich die Frage, warum antike Statuen einen meist nur kleinen Penis besitzen? Der perfekte Körper aus weißem Marmor gehauen, geschliffen und poliert: stramme Waden, knackiger Podex, prall gespannte Muskeln, feinste Sehnenstränge, bloß der Penis wirkt zwischen den straffen Muskelpartien und klaren Konturen seltsam, unverhältnismäßig klein. Aber woran liegt das? Ellen Oredsson versucht diesem vermeintlichen Geheimnis der Kunstgeschichte in ihren Artikeln auf die Spur zu kommen. Wie sie durch Recherchen herausgefunden hat, entspricht die klassische Darstellung, bspw. beim Penis des David von Michelangelo jedoch durchaus einer Durchschnittsgröße des Penis beim Manne und ist somit eigentlich kein besonders hervorzuhebendes Merkmal. Zum anderen will sie herausgefunden haben, dass große Penisse in der antiken Kunstauffassung ansonsten weniger als Merkmale des Heldentums, sondern vielmehr von Heidentum, Einfältigkeit und Dummheit zu verorten seien. Dieser steilen, auf den ersten Blick etwas eingeschränkten These, will ich den Hinweis zur Seite stellen zur Seite stellen, dass der große bis erigierte Penis weniger in der verschämten, höfischen Kunst, sondern mehr im gemeinen Volke, weit über Ressentiment und Obszönität hinaus, eine freche, spitzbübische, schelmenhafte Beliebtheit genoss und zum immer wieder gerne aufgegriffenen Motiv und Symbol vor allem volkstümlicher Freiheitlichkeit, Fröhlichkeit und Lebenslust anschwoll.

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Bill und der Bodycount im Lolita-Express

Kunst | 13.08.2019 15:37

Petrina Ryan-Kleid -"Parsing Bill" (2012)

Nachdem der US-Milliardär Jeffrey Epstein unter spektakulären Umständen tot in seiner Gefängniszelle aufgefunden wurde, sind in der atemlos kommentierenden Öffentlichkeit viele ungeklärte Fragen und Aspekte dazu virulent. In dem ohnehin bereits bizarren Fall rund um den Tod des umstrittenen Milliardärs, Gönners und Party-Veranstalters der Reichen, Jeffrey Epstein (*1953) ist ein neues pikantes Detail aufgetaucht. US-Medien berichten über ein bislang kaum bekanntes, großes Ölgemälde, welches den Ex-Präsidenten Bill Clinton gut gelaunt in Frauenkleidern zeigt. Das Gemälde das in Epsteins Stadtvilla in Manhatten gehangen hat, zeigt den (durch die damalige "Lewinski-Affaire" als durchaus genussfreudig bekannten) Ex-Präsidenten auf einem Sessel mit hochhackigen roten Schuhen und in einem schulterfreien blauen Kleid aufreizend und sexy gekleidet. Gemalt wurde das schrille Kunstwerk von der in New York lebenden australischen Künstlerin Petrina Ryan-Kleid und trägt den Titel "Parsing Bill" (eigentlich ein linguistischer Begriff, der das Zergliedern bzw. Analysieren von Sätzen meint, vielleicht im Sinne von umgangssprachlich 'auseinandernehmen'). Die überraschte Künstlerin erklärt derweil, dass sie nicht gewusst habe, dass ihr Bild in der Epstein-Villa hängt. Sie habe das Gemälde als Studentin an der New Yorker Kunstakademie 2012 im Rahmen ihrer Masterarbeit geschaffen. Bei einer Spendenaktion sei es dann verkauft worden. Auf alle Fälle wirft das Kunstwerk ein grelles Licht auf die Alchemie von Sexualität und Macht, wie sie quasi im Darkroom der Demokratie, den Epstein organisierte, in scheinbar nicht unüblicher Weise praktiziert wird.

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Besucher einer Vernissage zerstört großen Keramik-Penis

Kunst | 30.10.2018 17:03

Anna Maria Bieniek - "I am not a Toy" (2018)

Gerade eine Stunde lang stand ein hüfthoher Keramik-Penis auf der Eröffnung des diesjährigen Herbstsalons im Kunstpalais des fränkischen Erlangens. Dann hat es laut gescheppert und jemand hat die teure Kunst zerdeppert. Eine von drei Phallus-Skulpturen des Kunstwerkes "I am not a Toy" der Künstlerin Anna Maria Bieniek ist umgestoßen worden und der obere Teil zerbrach in mehrere Teile. Jedoch nicht, wie ich im ersten Moment beim Lesen der Nachricht dachte, von einem Kunstzerstörer, einem Ikonoklasten, verübt, wie sie immer mal wieder Museen und Galerien heimsuchen, meist aus eifersüchtigen, religiösen oder politischen Gründen. Und ebenso wenig von einer militanten Feministin oder FEMEN-Aktivistin verübt, die ihren unbändigen Hass auf dieses Männlichkeitssymbol, und damit perfekte Symbol der patriarchalen Herrschaft, ausagiert hätte. (Dann wären sicherlich schnell alle drei Phalli zu Bruch gegangen.) Somit Entwarnung! Mitnichten also Geschlechterkampf und Terrorgefahr jetzt auch auf deutschen Kunstausstellungen. Sondern, wie die Presseagentur dpa und, unter anderem, die Süddeutsche Zeitung berichteten, sei ein als „tollpatschiger Mann“ beschriebener Ausstellungsbesucher über die auf dem Boden stehenden Skulpturen gestolpert und habe diese aufsehenerregend „geschrottet“.

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Ursprung des Ursprungs der Welt enthüllt

Kunst | 26.09.2018 16:03

Gustave Courbet - "L'Origine du Monde" (1866)

Wie Medien jüngst meldeten, sei nun bekannt, wer das Modell war, welches als Vorlage für das wohl berühmteste Gemälde der erotischen Kunst diente, für "L'Origine du Monde" / "Der Ursprung der Welt" von Gustave Courbet. Ein skandalöses Werk, über das sich das Kunst-Publikum des ausgehenden 19. Jahrhunderts mächtig echauffierte, obwohl es, genau genommen, kaum jemand zu Gesicht bekam und es nur als Mythos kursierte. Auch heute noch erscheint das berühmte Kunstwerk vielen als anstößig. 2014 weigerte sich die französische Post, den „Ursprung der Welt“ auf einer Briefmarke abzudrucken, da es Kinder verstören könnte. Und in diesem Jahr fiel ein Abbild des Kunstwerkes auf einem facebook-Profil der Zensur und darauf hin folgenden Schließung des Accounts zum Opfer. Den heutigen Leitmedien ist die Neuigkeit um den Skandal-Klassiker nun immerhin Anlass, das erotische Meisterwerk doch großflächig schamlos (also ohne zu kaschieren oder ohne das berühmte Feigenblatt/schwarzer Balken) zu präsentieren - wenn das mal bloß nicht die von Pädagogik verstörten Kinder in der Auslage am Zeitungskiosk sehen...

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Die Geschichte des Koitus in der Kunst

Kunst | 02.03.2017 17:44

Ernst Stöhr - Vampir (1899)

Schon aus vorgeschichtlicher Zeit sind menschliche Darstellungen mit sexuellen Motiven auf der ganzen Welt zu finden. Skulpturen wie die Venus von Willendorf und Wandbilder wie in den Höhlen von Lascaux sind bekannte Zeugnisse in Europa. Für die Anthropologie haben diese frühen erotischen Artefakte eine Bedeutung vor allem im Zusammenhang mit kultischen Fruchtbarkeits-Riten. Archäologen fanden in Deutschland im August 2003 eine 7.200 Jahre alte Szene aus Ton, die eine männliche Figur zeigt, die sich wie beim Koitus über eine weibliche Figur beugt. Die männliche Figur bezeichneten die Archäologen als „Adonis von Zschernitz“. Dieser sächsische Erot scheint der bislang älteste Urahn vom Prototyp eines freisinnigen, stolzen, lüsternen Verführers und Beglückers der Frauen zu sein, wie er fortan unter verschiedenen Namen als: Pan, Faunus, Satyr, Amor, Don Juan oder Casanova seinen Weg durch die Kunst- und Kulturgeschichte nehmen wird.

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Penis und Pinsel - "Kunst-Geburten" bei Ulrich Pfisterer

Kunst | 22.07.2016 13:10

Penismaler Tim Patch alias Pricasso

Das Metaphernpaar Penis und Pinsel bildet eine gestalterische Wurzel der erotischen Kunst und mithin aller künstlerischer Allegorie und Mimikry. Nach Ulrich Pfisterer, dem Autoren der lesenswerten Studie "Kunst-Geburten. Kreativität, Erotik, Körper" (Wagenbach 2014) ist die auffällige Ähnlichkeit der Begriffe Penis (penis), Pinsel (penellus/penicillus) und Schreibfeder (penna), über die schon der römische Gelehrte Cicero sinnierte, das deutlichste Symbol der künstlerischen Schaffenskraft. Wenn Pietro Aretino 1534 davon spricht, den "Pinsel in das Farbtöpfchen zu tauchen", dann spielt er – wie Pfisterer anmerkt – nicht allein auf die künstlerischen Utensilien an, die es bedarf, ein Ölgemälde zu malen. In seinem anekdotenreichen Essay "Kunst-Geburten" erzählt er, wie das Erotische in der Frühen Neuzeit Eingang in die Kunst fand und damit auch das perfekte Abbild und Spiegelbild des kreativen und schaffenskräftigen Künstlers selbst. Anzügliche Wortspiele wie "den Pinsel ins Farbtöpfchen tauchen" bilden nur den Auftakt zu einer im weiteren sehr vergnüglichen Lektüre durch die Gefilde der erotischen Kunstgeschichte.

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Friedrich Schröder-Sonnenstern: Dreifacher Weltmeister aller Künste

Kunst | 30.12.2015 17:07

Schröder-Sonnenstern - Angst vor dem Weibe

Welch eine Fantasie: Da flüchtet der geflügelte Pegasus auf dem Pferd vor dem Weibe, doch das hängt sich an den Pferdeschweif und lässt sich durch die Wüste ziehen. Der „Mondmoralische Eselstreiber“ füttert mit der linken Hand den devoten Esel, mit der rechten hält er aufrecht die Peitsche. Und noch eine Kostprobe der Werke von Friedrich Schröder-Sonnenstern, die im Kunstmuseum Villa Zanders in Bergisch Gladbach präsentiert werden: Im „Schwanenpuppentanz“ flieht eine schwanenfüßige Nackte in das mit Furcht erregenden Säbelzähnen bewehrte Maul eines Drachen, verfolgt von einem grinsenden Sensenmann.

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Lust an Liebe - Ein philosophischer Essay von Daniel Briegleb

Kunst | 27.03.2015 15:30

Antonio Canova - Cupids Kuss erweckt Psyche

Als Daniel Briegleb mich anschrieb, um auf sein Buch "Lust an Liebe" aufmerksam zu machen, war ich äußerst gespannt. Die Wiederbelebung einer erotisch-sexuellen Kultur, das liebevolle Wiederherstellen eines menschheitsalten, kulturgeschichtlichen Kontinuums, das die ars erotica darstellt, ist eine Mission, der sich schließlich auch die Galerie Liebreiz widmet. Die von Anziehung, Liebe, Sexualität und Körper gemeinsam gebildete Sphäre der hier anvisierten, neuen 'ars erotica', wie Briegleb mit Lust am appellativen, idealistischen Diskurs ausführt, hat in den letzten Jahrzehnten viel von der ihr eigentlich innewohnenden Sehnsucht, Sinnhaftigkeit, Schönheit und Kontemplation verloren. Angesichts einer zunehmenden Fragmentarisierung und Banalisierung von Sexualität, einer egomanischen Entblößungs- und Exhibitionskultur, sowie des puren Konsums von Gefühlen, Körpern und Lüsten, so Briegleb als psycho-analytisch geschulter Philosoph der Liebe, gehe der Verlust des Erotischen einher mit einer deutlichen Einbuße an (intimen, kreativen, unverwechselbaren) Zwischen- und Gestaltungsspielräumen im Leben. Eine grassierende Übersexualisierung und die permanente Verfügbarkeit sexueller Stimuli führt zu Abstands-, Belang- und Lieblosigkeiten, zu faden Gewohnheiten, die das sinnliche, erotische, immer wieder neu aufzuladende Fühlen ersticken. Dagegen setzt Briegleb die mit viel Aufmerksamkeit für den Anderen, Interesse an der gemeinsamen Schöpfung, mit Liebe und Verbundenheit verknüpfte Botschaft: "Bilde, forme, wandle mich".

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Eros im Spannungsfeld der Kunstgeschichte

Kunst | 23.02.2015 23:34

Diego Velazques - Venus im Spiegel 1644

Bei den Urkulturen und Stammesgesellschaften, als Eros, Kunst, Sexus und Leben untrennbar miteinander zusammenhingen und die Basis des Gemeinschaftslebens bildeten, stand der Tanz (neben dem Essen) im Mittelpunkt des Zusammenlebens. Beim Tanz, dem Ursprung aller Künste, ist Eros die treibende, alles Leben gestaltende Kraft und integraler Bestandteil des kulturellen Austausches gewesen. Der Tanz diente der Ritualisierung des Alltags und sorgte nicht zuletzt als soziale Funktion für eine erhebliche Ausgeglichenheit zwischen den Geschlechtern. Mit zunehmender kulturelle Ausdifferenzierung innerhalb der sich rasant und expansiv entwickelnden Zivilisationen macht sich immer stärker eine seelisch-kulturelle Spaltung und Spannung innerhalb des ehemals allumfassenden Lebenskontinuums der Gemeinschaft bemerkbar. Ein Jenseits des Eros entsteht jetzt, eine Lebenswirklichkeit, die keine Verkörperung von Trieb, Lust und Leidenschaft mehr darstellt, sondern den Verzicht, die Askese und Sühne predigt, das Diesseits zum Jammertal erklärt und die Erfüllung aller Wünsche in das Jenseits verschiebt, wo als Belohnung für ein gottesfürchtiges, gutes Leben, dann endlich Liebe, Lust und Freude auf einen warten sollen.

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Schwules Museum Berlin - LesbianGayBisexualTransIntersexQueer

Kunst | 03.09.2014 15:29

"Ein Feuchter - innen und außen geschmiert."

Als am 17. Mai, dem internationalen Tag gegen Homophobie und Transphobie, das Schwule Museum sein neues Domizil in der Lützowstraße 73, in Berlin-Tiergarten, eröffnete, war das Gedränge der Schönen und Reichen groß. Gewürdigt wurde der neue, schmucke Tempel der queeren Lebenseinstellung natürlich mit Grußworten des amtierenden Bürgermeisters, der einst mit dem Spruch "Berlin ist arm - aber sexy!", zur finanziellen Situation der ewig klammen Hauptstadt, für internationale Belustigung sorgte. Die Ehre der Eröffnung dieser bedeutsamen Kultureinrichtung steht Klaus Wowereit fraglos zu, denn sein offensives Statement "Ich bin schwul, und das ist auch gut so!" hat einiges zu einer unaufgeregten Normalität in den hiesigen Debatten zum Thema Homosexualität beigetragen.

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Love Life fördert Hate Crimes in der Schweiz

Kunst | 20.08.2014 14:57

Love Life Kampagne

Die breit gestreute und öffentlichkeitswirksame Kampagne "Love Life" des schweizerischen Bundesamtes für Gesundheit, mit welcher vor den Gefahren von AIDS und anderen sexuell übertragbare Infektionen gewarnt werden soll, erregt und erhitzt die Gemüter in der Alpengenossenschaft. Zumeist Gläubige und Religionsvertreter scheinen sich von der expliziten Kampagne mit Bildern erotischer und sexueller Handlungen und Hingabe provoziert zu fühlen. Auf großformatigen Plakaten an Häuserwänden, an Haltestellen und in Schaukästen, geben sich Paare der unterschiedlichsten sexuellen Präferenzen zeigefreudig und gar nicht schamvoll der "schönsten Nebensache der Welt" hin. Die Plakate präsentieren dabei den Slogan: "Love Life und bereue nichts." Drei Hauptaussagen auf den Plakaten sollen dabei das Credo der Kampagne verdeutlichen: "Ich genieße mein Leben, das bin ich mir schuldig", "Ich liebe meinen Körper, dewegen schütze ich ihn" sowie "Ich bereue nichts, dafür sorge ich".

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Bacchus und die Erotik der Kunst in Italien

Kunst | 20.07.2014 23:45

Michelangelo - Bacchus 1496/97

Die Erotik der abendländischen Kunst trieb nach ihrer Blütezeit im griechischen Altertum, und den Zeiten der (nicht nur) spät-römischen Dekadenz, erneut verschämte, zarte und blasse Blüten bei der Darstellung sinnlicher und erotischer Körperdarstellungen aus. Nach Jahrhunderten finstersten Mittelalters, mit Kreuzzügen, Pest und Inquisitin, erwacht dann im späten Mittelalter, so ungefähr ab dem 15. Jahrhundert in Italien, nach Dogma, Hunger, Entbehrung und Leid nun endlich wieder die Morgensonne der Liebeskunst und Lebenslust. Wen wundert's, dass der Zusammenhang von Kunst und Erotik bei den Nachfahren der Etrusker und bekennenden Eros-Spezialisten, wie die in Pompeiji ausgegrabenen Fresken mit ihren lüsternen und orgiastischen Bildinhalten eindrucksvoll zeigen, auch analytisch und wissenschaftlich immer mal wieder angemessen (oder profan) gewürdigt wird. Amore macht wieder Furore!

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Der Akt als Spiegelbild des Künstlers

Kunst | 29.05.2014 20:21

Raffael - Galatea (1512)

Für viele Kunstliebhaber ist der antike Narziss, wie er sein einmalig schönes Ebenbild sich im Wasser spiegeln sah, und der sich später in eine Blume verwandelte, der Inbegriff des Künstlers. Es ist weniger die - natürlich ebenso vorhandene - Selbstverliebtheit und Exhibition des Modells, die den Maler zu verführen sucht, auf dass er ihre Erotik in diesem einen, feinen und unvergleichlichen Moment veredele und für die Nachwelt auf Leinwand banne. Es ist vielmehr der Narzissmus des Schaffenden, der sich seines lustvollen Objektes bemächtigt, mit dem er sich vor allem selbst begehrt, seiner eigenen Leidenschaft frönt und seinem eigenen Wunschstern folgt, wenn er aus dem Ton ihres Körpers und aus den Spektralfarben ihrer Ausstrahlung sein allzueigenes und idealisiertes Schönheitsbild formt.

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Nackte Buddhas auf dem Dach

Kunst | 30.01.2014 23:59

Nackte Buddhas in Jinan

Nach heißen Diskussionen wurden zwei riesige, nackte Buddhas auf dem Dach einer "Suppenküche" in Jinan wieder demontiert, weil die Behörden weiteren Unmut in der Bevolkerung verhindern wollten, wie sie anläßlich der behutsamen Demontage der Kunstfiguren mitteilten. Eine der beiden Statuen erklomm über eine Seitenwand das Dach und zeigte so ihre voluminöse Hinteransicht (die jedoch ebenfalls der keuschen chinesischen Bildzensur zum Opfer fiel, indem die Kameraperspektive das Dach eines Nachbarhauses in das Blickfeld des nackten Buddhapos rückte). Herrlich! Der andere Buddha ruhte beseelt daneben auf dem Dach, mit zum Gebet gefalteten Händen und einem zufriedenen Gesicht.

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Die Biestigen und das Schöne (der Kunst)

Kunst | 06.01.2014 12:44

Mel Ramos - Panda

Einen eher unschönen Verlauf nahm eine Kundgebung anläßlich der Eröffnung der Ausstellung "Die Schöne und das Biest" im Leipziger Museum der bildenden Kunst (noch bis 24.01.2014). Das Museum zeigt darin Werke von Richard Müller, Mel Ramos und Wolfgang Joop. Eine Gruppe von Aktivistinnen und einigen Aktivisten protestierte dort am 23. Oktober 2013, um sich gegen das ihrer Meinung nach ausbeuterische und sexistische Frauenbild in der Kunst auszusprechen. In der Schau treffen die surrealen, von Frauen und Tieren bewohnten Bilderwelten Müllers auf die PopArt des 1935 geborenen Kaliforniers Mel Ramos sowie auf Zeichnungen von Tieren, Engelskulpturen und mit Seide bestickte Gemälde von Modeschöpfer Wolfgang Joop, der ein Bewunderer Müllers ist und die Schau kuratierte. Der Protest nun eskalierte alsbald im Handgemenge und wüsten Beschimpfungen des Kunstpublikums.

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Nacktheit: Schutzbedürfnis und Verführung

Kunst | 18.10.2013 19:04

Brueghel d.Ä. & de Backer - Diana und Aktaion

Der antike griechische Held Aktaion überrascht auf seiner Jagd ("Ich geh Schnecken checken!") die Göttin Diana, wie sie nackt aus einer Quelle steigt. Halb erschrocken, halb gebannt vermag er nicht, den Blick vor ihrer Schönheit zu senken. Als sie den Voyeur bemerkt, bekommt dieser ihren göttlichen Zorn zu spüren. In ihrer Wut und Empörung lässt Diana dem verirrten, verwirrten Manne mächtige Hörner auf seinem Kopf sprießen. Da müssen wir natürlich unwillkürlich an den sprichwörtlich Gehörnten denken, als den um seinen Genuss Betrogenen, dem in seiner Verwirrung aus Scham und Geilheit die verdrängte, unterdrückte Erektion, wie dem Pinocchio eine "Lügennase", als "Blink-Blink" aus seinem Kronen-Chakra wächst. So weit so geil! Doch wird der Arme hier zufällig auf der Pirsch zum Hirsch, von der Göttin der Jagd (der erotischen Eroberung) in einen vermeintlichen "Buhler", ein Triebtier verwandelt, das sich schon viel zu weit aus dem Unterholz, seiner Deckung, hervor gewagt hat. Aktaion wird daraufhin in tragischer Weise von seinen eigenen Bluthunden als Hirsch aufgespürt und zerrissen - der Jäger plötzlich selbst Beute und "zum Abschuss frei gegeben"? Wobei offen bleibt, ob Diana nicht eher die Hunde verhext hat als ihn?

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Entblößend, aber nicht berührend - Aktfotografie ohne Sinnlichkeit

Kunst | 28.08.2013 17:52

Helmut Newton im Atelier

Um die verborgenden, erogenen Zonen des anderen Geschlechts zu erkunden, konnten die Heranwachsenden des 19. und 20. Jahrhunderts ihr aufkeimendes erotisches Interesse lediglich in der klassischen Kunst der Museen repräsentiert finden. Zwar tauchten wirklich aufreizende Darstellungen an den Wandungen der Kunsttempel nicht auf, trotzdem unterhielten Malerei, Grafik, Skulptur ein doch eher unverkrampftes Verhältnis zur Nacktheit, und abgesehen vom finsteren Mittelalter, ist die Kunstgeschichte voll von mehr oder minder verhüllten erotisch-sexuellen Anspielungen. Die Künstler ohnehin pflegten eine eher locker-lüsterne Partnerschaft mit der Sexualität, wenn nicht sogar ein halbes Leben im Banne der käuflichen Liebe. Wie auch durch die Ausstellung "Die nackte Wahrheit" in Berlin dokumentiert (wir berichteten), markiert dann der Jahrhundertwechsel zur Moderne innerhalb der Kunst auch den Wechsel zur künstlerischen Hegemonie durch die Fotografie und andere serielle Reproduktionsverfahren - was sehr frühzeitig von Akt- und Erotik-Künstlern genutzt wurde, um ihre Werke besser bekannt zu machen.

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Sex don't sells!

Kunst | 01.08.2013 14:28

Werbung: Nichts Anhaben ist nicht genug!

Für den Bruchteil einer Sekunde machen erotische Bilder blind und lenken erheblich ab! Das haben Psychologen in mehreren Wahrnehmungsstudien mit Freiwilligen entdeckt. Offenbar fesseln Darstellungen, die mit Emotionen wie beispielsweise sexueller Erregung verknüpft sind, die Aufmerksamkeit des Betrachters so sehr, dass alle anderen Reize kurzfristig ausgeblendet werden. Den gleichen Effekt rufen auch Gewaltdarstellungen und andere emotionale Bilder hervor - ein Mechanismus, den die Forscher "Aufmerksamkeitsgaffen" nennen.

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Grelles - Weiblichkeit, Selbstbekenntnis, Intimität in der heutigen Kunst

Kunst | 09.04.2013 20:41

Cindy Sherman - Untitled 1989

Die schonungslose Zurschaustellung der eigenen Persönlichkeit in all ihrer Blöße, Intimität und Empfindsamkeit ist vor allem im Fahrwasser von Expressionismus und Existenzialismus/Realismus groß geworden. Während sich in den 60er-Jahren mit Fluxus und Happening aktionistische, performative Kunstformen entwickelten und sich der künstlerische Diskurs um Fragen nach Authentizität, Konzept, Identität und Inszenierung drehte, verkündeten Philosophen und Kulturkritiker wie Michel Foucault oder Roland Barthes das Ende der Geschichte, den Tod des Subjekts. Joseph Beuys dagegen, Hauptprotagonist einer radikalen, subjektorientierten Kunstauffassung, sollte später resümieren "Jeder Mensch ist ein Künstler" und der heutigen Kunstepoche damit ihren Segen erteilen. Die Wiener Aktionisten um Otto Mühl und Hermann Nietsch wiederum zelebrierten in ihren Kunst-Kommunen quasi religiös-schamanistische Rituale mit viel Schweineblut und Orgiencharakter. Mit dem Ruf Wilhelm Reichs nach der 'Orgasmusfähigkeit der Massen' begründete die Nachkriegsgeneration, jene jungen Studenten und Hippies dann mit "Love, Peace & Happiness" ihre wahrhaft revolutionäre Massenbewegung, mit dem freudigen, unbändigen Drang nach individueller und sexueller Freiheit.

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Kein Entrinnen im Reich von Sinnen - zum Tode Nagisa Oshimas

Kunst | 16.02.2013 17:07

Nagisa Oshima - Ai No Korrida

Im Reich der Sinne geht es nicht nur zärtlich, sittsam und entzückend zu. Für eine besonders strenge, schmerzhaft-realistische, auch seltsam-surrealistische Ästhetik stand immer schon der japanische Film in den Feuilletons, siehe Bondage, Samurai-Kodex, Tatoo oder Harakiri. Unter den ohnehin schrägen Filmern war der Avantgarde-Regisseur Nagisa Oshima das Enfant terrible der japanischen Nouvelle Vague der 60er-Jahre. Der von Kritikern auch als "Godard Japans" bezeichnete, sorgte bei der Uraufführung seines Erotik-Dramas "Im Reich der Sinne (Ai No Korrida)"1976 auf der Berlinale für einen handfesten Skandal. Die deutsche Staatsanwalt bewertete das Werk aufgrund seiner freizügigen Darstellung als Pornografie und beschlagnahmte den Film. Der Film über das Paar Sada und Kichizo, das seine sexuellen Phantasien bis zum Tod auslebt, sorgte seinerzeit für eine hitzige Debatte über Kunst und Pornografie, bevor der Film zwei Jahre später mit großem Erfolg in deutschen Kinos anlief. Mit der expliziten Zurschaustellung von Sexualität sowie der extremen Verknüpfung von Leidenschaft mit Gewalt schrieb sich Oshima seitdem immer wieder in die Analen der Filmgeschichte ein. Nun ist der Meisterregisseur Nagisa Oshima (*1932 in Kyoto) im Januar 2013 nach längerer Krankheit gestorben.

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Die Königin der Performance zelebriert die Kunst des Augenblicks

Kunst | 18.12.2012 15:32

Marco Anelli - Plakat "The Artist..."

Marina Abramovic, geboren 1946 in Belgrad, ist ohne Zweifel eine der einflussreichsten Künstlerinnen unserer Zeit. Schon zu Beginn ihrer Karriere in Jugoslawien während der frühen 70er-Jahre, wo sie die Akademie der Künste in Belgrad besuchte, hat Abramovic den Umgang mit Performances dahin gehend revolutioniert, dass diese durch Ästhetisierung und Inszenierung auch als eine Form visueller Kunst wahrgenommen werden können. Ihr Körper, den sie bis zum Äußersten strapaziert und einsetzt, hat dabei immer zwei Funktionen, er ist ihr Ausdruck und Subjekt als auch ihr Medium und Material. Bei den Erkundungen ihrer physikalischen und mentalen Grenzen hat sie dabei Schmerzen erlitten, Entbehrungen auf sich genommen und Gefahren getrotzt, die sie bei ihrem Streben nach Authentizität sowie spiritueller und emotionaler Transformation der Kunst jedes Mal äußerst leidensfähig auf sich nahm. Abramovic's künstlerisches Bestreben ist es, wie sie sagt, durch strenge Ritualisierung der normalen menschlichen Alltagshandlungen wie Schlafen, Träumen, Sitzen oder Lieben, einzigartige Bewusstseinszustände nicht nur für sich, sondern auch für ihr Publikum zu evozieren.

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Kunst als sexuelle Befreiung - Update

Kunst | 09.10.2012 13:18

Die produktivsten Künstler haben wahrscheinlich den unbändigsten Sexualtrieb besessen, den es zu sublimieren, umzuformen galt zu einem Werk an der Aufklärung und am Fortschritt der Kultur. Die abstrakt-dekonstruktivistischen oder agitatorisch-politischen Positionen innerhalb der intellektuell und emotional hoch aufgeladenen Kunstströmungen waren nicht unbedingt Weg weisend. Um individuelle Erwartungen zu konterkarieren, ideologische Grenzen zu erweitern, gesellschaftliche Tabus zu brechen oder sich selbst zu befreien, waren vor allem Sexualität und Subjektivität die primären Impulse, aus denen sich künstlerischer und intellektueller Fortschritt im ausgehenden 20. Jahrhundert speisten. Selbst für Pop-Art-Künstler der ersten Stunde wie Tom Wesselmann, Richard Lindner oder Allen Jones wurde "der Eros im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit" zuerst durch den Fokus auf seine Geschlechtsmerkmale und dann durch die Situierung als anonym/austauschbarer, desperater, pervertierter oder fetischisierter Charakter definiert.

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Warum der Enthüller etwas verbirgt

Kunst | 20.06.2012 17:10

Magrittes Philosophie im Schlafzimmer

Als Konsequenz für die falsche Scham und die Tabuisierungen, die in den Jahrhunderten der jüdisch-christlichen Zivilisationen die Subjekte, ihre Körper und ihren Geist besetzt hielten, gaben sich Künstler und die Künste verstärkt den sublimierten, gebrochenen Darstellungen, den Zweideutigkeiten und raffinierten Verhüllungen hin. Trotz Verbote und strenger Sittlichkeitsregeln entfaltete und verbreitete sich die Erotik in der Kunst immer mehr und hielt sogar Einzug in die Universitäten und Museen. Als Effekt moralischer und sittlicher Verfolgung bildeten sich innerhalb der Kunst die Themen Abstraktion und Fetisch, Entfremdung und die Verdinglichung der Subjekte heraus, analog zu Kapitalismus und Krieg, Kommunismus und Kritik. Diese Art Todestrieb/Thanatos innerhalb der Kunst, beispielsweise im Werke des Dadaisten Hans Bellmer, beim Pop-Art-Künstler Tom Wesselmann oder beim Dekonstruktivisten Gerhard Richter vertreten, verstehe ich hier als (perverse) Abspaltung von einem universellen Lebenstrieb/Eros, so wie Hoffnung sich nach einer Enttäuschung in Zynik verwandeln kann.

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Kunstskandal um "rassistischen Kuchen"

Kunst | 21.04.2012 14:03

Makode Aj Linde - "Negerkuchen"

Als die schwedische Kulturministerin Lena Adelsohn Liljeroth nach einer Rede am 15. April im Museum für Moderne Kunst gebeten wurde, den Geburtstagskuchen zum 75. Jubiläum des schwedischen Künstlerverbandes anzuschneiden, ahnte sie sicher nicht, welch handfesten Skandal sie damit auslösen sollte. Während die Ministerin den Kuchen in Form einer nach rassistischen Klischees gestalteten Afrikanerin beherzt in derer Genitalgegend aufschnitt, schrie der im Kopf der Installation verborgende afrikanisch-schwedische Künstler Makode Aj Linde jedesmal gequält auf, um von ihr dann mit sich selbst gefüttert zu werden, während Pressemob und Publikum die makabre Aktion begeistert mitschnitten und beklatschten. Der Künstler Makode Aj Linde wollte mit dieser provozierenden Performance eigentlich gegen Genitalverstümmelung in seiner Heimat protestieren, die Darstellung ging jedoch ziemlich nach hinten los, weil dieser offene, derbe und für viele ausgesprochen geschmacklose Umgang mit rassistischen und kolonialistischen Klischees auch die schwedische Kunst-Schickeria und Kultur-Elite in einem recht schlechten Licht da stehen ließ.

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Maler, Muse und Moral

Kunst | 29.02.2012 17:09

Arno Rink - Maler und Modell

Ähnlich wie bei heutigen Promis und Starlets bildete die Beziehung zwischen einem Maler und seinem Modell schon damals bei Hofe eine willkommende Grundlage für moralische Empörung und voyeuristische Neugier eines Skandale schon immer gerne goutierenden Publikums. Hatten Genies aus dem Schoße des einfachen Volkes wie Carravaggio, nach ihrem Bekanntwerden, mit ihren exzessiven Neigungen, eine gewisse Narrenfreiheit oder erfuhren Schutz von mächtigen Gönnern, stellten sich aber die wenigsten berühmten Künstler in Barock und Renaissance gegen Anstand und Sitte und die herrschende Moral. Die Phantasien zur Caravaggio-Legende haben nicht zuletzt dessen Modelle beflügelt, androgyne Jünglinge und stadtbekannte Dirnen, die als Indizien für Caravaggios Hang zur Homo- und Bisexualität herangezogen wurden. Die Schwierigkeiten von Künstlern, geeignete Modelle für ihre Werke zu finden, haben immer schon zu den seltsamsten Arrrangements und Stilblüten geführt.

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Spitzenpositionen auf dem Kunstmarkt 2011

Kunst | 06.02.2012 15:36

Zhang Daqian (1947)

Die letzten 14 Jahre stand der 1973 verstorbene spanische Maler und Bildhauer Pablo Picasso an der Spitze des Kunstauktionsmarkts. Seine Werke erzielten jährlich die höchsten Umsätze. Nun wurde Picasso jedoch von chinesischen Künstlern entthront.Der französische Kunstmarktdienst "Artprice" teilte im Januar mit, dass die Werke des chinesischen Künstlers Zhang Daqian (1899-1983) im Jahr 2011 weltweit mit einer Summe von 506,7 Millionen Dollar verkauft wurden. Damit setzt er sich erstmals an die Spitze der Verkaufshitparade des Kunstmarktes. Zhang Daqian zählt zusammen mit Qi Baishi (1864-1957), der mit 445,1 Millionen Dollar Auktions-Umsatz auf dem zweiten Platz landete, zu den bekanntesten chinesischen Vertretern der Malerei in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

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Schonungsloser Realismus und das Schicksal des Fleisches

Kunst | 23.11.2011 14:55

Lucian Freud - Selbstporträt

Im Juli diesen Jahres verstarb mit Lucian Freud, dem Enkel des Psychoanalytikers Sigmund Freud, einer der bemerkenswertesten Künstler des 20. Jahrhunderts und, mit seinen zahllosen Porträts und Aktstudien, herausragener Vertreter des künstlerischen Realismus. Sein sezierender Blick und die schonungslose Darstellung des nackten, makelbehafteten Körpers trugen ihm den Titel des "besessensten Malers des Fleisches" ein. Seit Beginn der 60er-Jahre schuf er mit Wucht und dickem Farbauftrag ein faszinierendes, bloß stellendes Werk, mit dem er das Innerste des Menschen in seinem Äußersten, im Fleisch und in der Haut, entdecken wollte. Insofern seinem Großvater folgend, dass er ebenfalls tief in seine Musen einzudringen versuchte, indem er ihre Verletzlichkeit, aber auch ihre Häßlichkeit, ihre Versehrtheit und ihren Verfall thematisierte, wandte er sich jedoch früh von einer psychologisch hintergründigen Sichtweise einem fanatischen Materialismus zu, der Farbe und Stoff als Entsprechungen des Fleisches in den Fokus und mit fast übersteigerten - hyperrealen - Merkmalen in Szene setzte.

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Gegen die Austrocknung des Nackten Meeres

Kunst | 03.10.2011 15:20

Spencer Tunick - Totes Meer

Etwa 1200 nackte Israelis und Touristen haben am Westufer des Toten Meeres für den US-Fotografen Spencer Tunick posiert. Bei orthodoxen Juden war das Projekt vorher auf einigen Widerstand gestoßen. Der Star-Fotograf Tunick, bekannt geworden durch seine "Körperlandschaften", wollte mit der Aktion „Nacktes Meer“ auf die Gefährdung des tiefsten Sees der Welt durch Austrocknung aufmerksam machen.

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Mel Ramos, Sex Appeal, Pop Art

Kunst | 25.08.2011 13:18

Mel Ramos - Lucky Lulu

Kunstgeschichtlich stellt die Pop-Art einen radikalen ideologischen Bruch mit der Moderne dar. Sie verhalf der Kunst zu vielen, neuen Technologien und sie konnte plötzlich auch die Massen, vor allem die jungen Leute, erreichen, wo vorher akademischer Malbetrieb herrschte. Die vorgebliche künstlerische Revolution war jedoch eigentlich eher eine Konterrevolution innerhalb des Kultur-Establishments in den Vereinigten Staaten von Amerika, sowie eine vorweg genommene Restauration der sich gerade überschlagenden Medien- und Werbewirtschaft auf dem Höhepunkt des Wirtschaftswunders. Mit den Namen Andy Warhol, Roy Lichtenstein und Mel Ramos einher geht der Umsturz der künstlerischen Ideale von Sinn- und Wahrhaftigkeit, vom Subjekt und seinem Schicksal, wie sie vor allem von Art-Brut, Expressionismus, Surrealismus und Sachlichkeit noch in der Moderne gepflegt wurden.

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Die Löwin und der König - Dorothy Iannone und Dieter Roth

Kunst | 21.06.2011 12:17

Dorothy Iannone - Let me squeeze...

Die Muse eines Künstlers ist weniger sein Modell oder seine künstlerische Vorlage, als vielmehr seine seelische Quelle, seine Inspiration, seine Leidenschaft und Liebe. Wenn zwei Künstler und Künstlerinnen sich gegenseitig Muse, also Leidenschaft und Inspiration sind, ergeben sich daraus oft besonders extraordinäre, exzentrische oder exemplarische Biografien, die sich dann in die Annalen der Kunstgeschichte einschreiben. Denken wir an den Bildhauer Auguste Rodin und seine tragische Beziehung zu der jungen begabten Camille Claudel, die letztlich verarmt in der Nervenheilanstalt starb, oder die geschichtsträchtige, dramatische Beziehung zwischen der Surrealistin Frida Kahlo und dem politischen Künstler Diego Rivera. Die dagegen harmonische und äußerst fruchtbare künstlerische Liebesbeziehung, die der Maschinenkünstler Jean Tinguely und die Plastikerin Nicky de Saint Phalle führten, drückte sich in zahlreichen Ausstellungen und Werken aus, die sie zusammen kreierten. Einen besonders intimen, intensiven und lustvollen künstlerischen Ausdruck und Austausch fanden das Künstlerpaar Dorothy Iannone und Dieter Roth, deren originelle, schöpferische Beziehung das erste Mal durch eine umfangreiche Ausstellung 2005 im Sprengel-Museum in Hannover gewürdigt wurde.

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Sublime Sex-Botschaften in Disney Filmen

Kunst | 09.05.2011 23:13

Disney Ride von Thomas Tait

Wie der YouTube-Video "DSDS - Disney, Sex, Drogen, Saufen" zeigt, werden in Disney-Filmen schon Kleinkinder mit versteckten, subliminalen (also unterhalb der bewußten Wahrnehmungsschwelle liegenden) Botschaften konfrontiert, also mit Bildern, die direkt vom Unbewußten aufgefangen und gespeichert werden können. Dass Kinder und Jugendliche schon längst als Zielgruppe einer raffiniert versteckten Beeinflussung und Manipulation durch die Medien ausgesetzt sind, ist, seit es Zielgruppenwerbung gibt, nichts neues. Obwohl solche manipulativen MIttel zur Suggestion und Bewußtseinsveränderung in der Film- und Werbebranche zumindest verpönt, wenn auch nicht überall verboten sind, scheinen Disney-Filme voll davon zu sein. Immer mehr Ausschnitte vor allem aus Zeichentrickfilmen tauchen im Internet auf, die durch Superzeitlupe zu belegen scheinen, dass in Bruchteilen von Sekunden, im Hintergrund oder am Bildrand, explizite sexuelle Hinweise auftauchen, die vom Bewußtsein des Kindes nicht wahrgenommen werden können - also was ganz anderes sind, als bspw. sexuelle Andeutungen oder meinetwegen Witze, die bewußte Aufmerksamkeit erregen.

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Sexuelles Aufbegehren in Istanbul

Kunst | 04.04.2011 12:00

Kuss am Bus

Nachdem ein Busfahrer in der aufstrebenden Kulturmetropole Istanbul kürzlich ein junges Studenten-Pärchen aus einem Linienbus warf, weil sie sich in dem Bus geküsst hatten, haben sich daraufhin ein Dutzend junger Pärchen zu einem "Kiss-In" an dieser Buslinie zusammengefunden, wie die türkische Presse berichtete. Die jungen Leute stiegen in einen der Busse jener Linie und küssten sich ausgiebig bis zur nächsten Bushaltestelle (was lange dauern kann, wie jemand der den Istanbuler Verkehrskollaps besonders zur Rushhour kennt, weiss). Dann stiegen die Demonstranten und Demonstrantinnen wieder aus, ohne behelligt zu werden.

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Facebook zensiert erotische Kunst

Kunst | 21.02.2011 12:40

Ursprung der Welt von Courbet

Ein neuer Fall von Zensur durch das beliebte Social Network Facebook empört Kulturinteressierte. Weil er ein Gemälde des französischen Künstlers Gustave Courbet (1819-1877) auf seinem Facebook-Profil veröffentlichte, wurde die Seite des dänischen Künstlers Frodo Steinicke gesperrt. Dieser hatte auf seiner Seite das Gemälde "Der Ursprung der Welt" des berühmten Künstlers des Realismus platziert, welches eingestandenermaßen zusammen mit anderen Gemälden von Frauen in anzüglichen und erotischen Posen schon bei seiner Veröffentlichung 1866 für einen kräftigen Skandal sorgte.

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UV-Licht lässt van Gogh's nachdunkeln

Kunst | 15.02.2011 15:46

Liegender Akt von van Gogh

Zusammen mit seinem Malerfreund Paul Gauguin ist der niederländische Künstler Vincent Willem van Gogh (1852-1890) berühmt geworden durch die strahlende Farbgebung seiner Bilder. Eines seiner bekanntesten Motive, das mit den Sonnenblumen, hat der impressionistische Meister in einem strahlenden Chromgelb gemalt, welches damals durch eine neuartige Pigment-Mischung hergestellt wurde. Nun hat eine internationale Forschergruppe der Universität Antwerpen herausgefunden, dass ultraviolettes Licht dafür sorgt, dass ausgerechnet jenes Chromgelb langsam unter einer braunen Patina verschwindet.

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Ist Schönheits-Chirurgie ästhetisch?

Kunst | 11.02.2011 19:24

Bacchus von Rubens

Als ich gerade bei Google nach dem Begriff 'Ästhetik' schaute, da war ich echt baff. Unter den ersten zehn Einträgen erschien zwar zuerst der immer wieder wichtige Wikipedia-Beitrag, und ebenso einige philosophische Referenzen, aber die letzten vier Einträge verwiesen auf irgendwelche Kliniken für Schönheits-Chirurgie. Als ich dann noch von dem "Aesthetic Centrum Hannover" las, war ich vollends entgeistert und entsetzt. Was bitteschön hat Chirurgie und Schönheitswahn mit Ästhetik zu tun? Mit der philosophischen Lehre des "Schönen und Erhabenen" (Immanuel Kant)?

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Die Erotische Kunst...

Kunst | 23.01.2011 21:50

...befindet sich trotz Aufklärung im inneren, psychologischen Konflikt mit Entfremdung, Narzißmus, Zweifel und Scham. Künstler und Künstlerinnen haben nicht selten mit inneren Schranken zu tun, ja, ihre Kunst mag vor allem auch der Überwindug solcher Grenzen dienen, oder sie versuchen eben in dem Betrachtenden, derlei Assoziationen wach zu rufen. Daneben führt die freie Sexualität in der Gesellschaft einen erbitterten Kampf gegen Unterdrückung, Pornografie, geistigen Verfall und Schönheitswahn.

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Große Werke der Erotischen Kunst: Ingres

Kunst | 23.01.2011 21:49

Jean-Auguste-Dominique Ingres (* 29. August 1780 in Montauban; † 14. Januar 1867 in Paris) war ein französischer Maler und einer der bedeutendsten Vertreter der offiziellen Kunst im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Ingres lernte bei Jacques-Louis David und an der École des Beaux-Arts in Paris.

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Fälschungsskandal um wertvolle Gemälde

Kunst | 23.01.2011 21:44

Auf 1,2 Millionen Euro schätzte das Kölner Kunsthaus Lempertz ein lange verschollen geglaubtes Gemälde namens „Rotes Bild mit Pferden“ aus dem Jahre 1914 des rheinischen Expressionisten Heinrich Campendonck. Das Aufsehen war groß, als das Werk auf der Auktion 2006 sogar 2,9 Millionen Euro erbrachte.

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