Kunstskandal um "rassistischen Kuchen"

21.04.2012 14:03

Makode Aj Linde - "Negerkuchen"

Als die schwedische Kulturministerin Lena Adelsohn Liljeroth nach einer Rede am 15. April im Museum für Moderne Kunst gebeten wurde, den Geburtstagskuchen zum 75. Jubiläum des schwedischen Künstlerverbandes anzuschneiden, ahnte sie sicher nicht, welch handfesten Skandal sie damit auslösen sollte. Während die Ministerin den Kuchen in Form einer nach rassistischen Klischees gestalteten Afrikanerin beherzt in derer Genitalgegend aufschnitt, schrie der im Kopf der Installation verborgende afrikanisch-schwedische Künstler Makode Aj Linde jedesmal gequält auf, um von ihr dann mit sich selbst gefüttert zu werden, während Pressemob und Publikum die makabre Aktion begeistert mitschnitten und beklatschten. Der Künstler Makode Aj Linde wollte mit dieser provozierenden Performance eigentlich gegen Genitalverstümmelung in seiner Heimat protestieren, die Darstellung ging jedoch ziemlich nach hinten los, weil dieser offene, derbe und für viele ausgesprochen geschmacklose Umgang mit rassistischen und kolonialistischen Klischees auch die schwedische Kunst-Schickeria und Kultur-Elite in einem recht schlechten Licht da stehen ließ.

 

Die Afrikanisch-Schwedische Vereinigung, die Wind von dem „geschmacklosen Spektakel“ bekam, welches sich auch flugs über die social networks verbreitete, forderte umgehend den Rücktritt Liljeroths. Ein perfekter Skandal war geboren, der vor allem die liberalen schwedischen Feuilletons noch einige Zeit beschäftigen wird. Durch den parallel stattfindenen, medienwirksamen Prozess um den rechtsradikalen Terroristen und Massenmörder Breivik im benachbarten Norwegen gibt es ohnehin schon eine gesteigerte Aufmerksamkeit gegenüber den hochbrisanten Themen Rassismus, Multikulturalismus, dem Terror rechter Gesinnung oder dem Feldzug selbsternannter "Kreuzritter der weißen Rasse" gegen Primitivismus und Islam.

Liljeroth entschuldigte sich später. Sie könne verstehen, wie provozierend die Aktion wirke, allerdings habe sie von der Installation auch vorher nichts gewusst. „Es war bizarr.“ Es ging nur um eine Rede und dann „fragten sie mich, ob ich den Kuchen anschneide“. Sie verteidigte aber auch die „höchst provozierende“ Aktion: Kunstfreiheit beinhalte eben auch, „unbequeme Fragen zu stellen“. Unglücklicherweise hätten einige die „verabscheuungswürdige Symbolik“ als rassistisch interpretiert. Dabei wollte der Künstler eigentlich das Gegenteil erreichen.

Zakarias Zouhir, Chef der Afrikanisch-Schwedischen Vereinigung, sagte Frankfurter Rundschau und Berliner Zeitung, Liljeroth hätte hinterfragen müssen, warum sie in die Figur hineinschneiden soll. „Das ist eine erniedrigende, rassistische Tat und deshalb muss sie zurücktreten.“

Das deutlichste Symbol, besser das Material des Rassismus ist die Hautfarbe. Danach kommt die Be- und Verurteilung anderer Körpermerkmale, wie Wuchs und Geschlechtsmerkmale, um daraus Schlüsse auf einen angeblich minderwertigen Charakter anderer Menschenrassen gegenüber der edleren, der eigenen zu ziehen. Deswegen sollten beim Spiel mit der Hautfarbe, Künstlern und Künstlerinnen immer gewahr sein, dass ihr Kunstwerk auch rassistisch interpretiert werden kann. Genauso wie es immer problematisch ist, einen Film über den Krieg als Anti-Kriegsfilm darzustellen.

Aus technischer Sicht ist das Thema Hautfarbe allerdings besonders für Akt- und Porträt-Künstler ein wichtiges Gebiet ihrer Ausführungen. Welche Farbmischung entspricht der Vorstellung, die ich von der Hautfarbe habe? Wie schwer es mir mitunter fällt, die Hautfarbe anderer Ethnien adäquat darzustellen. Allerhöchstens einen Zombie oder einen Vampir male ich mit Normalweiß, auch nicht mit Elfenbein-Weiß. Wie male ich eigentlich die Hautfarbe der Kultur-Elite oder Kunst-Schickeria in Stockholm?

Puderrosa mit Lichtfeldern aus Blitzlicht-Weiß, die Schatten nuanciert mit einem Hauch von Königsblau?

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