Besucher einer Vernissage zerstört großen Keramik-Penis

30.10.2018 17:03

Anna Maria Bieniek - "I am not a Toy" (2018)

Gerade eine Stunde lang stand ein hüfthoher Keramik-Penis auf der Eröffnung des diesjährigen Herbstsalons im Kunstpalais des fränkischen Erlangens. Dann hat es laut gescheppert und jemand hat die teure Kunst zerdeppert. Eine von drei Phallus-Skulpturen des Kunstwerkes "I am not a Toy" der Künstlerin Anna Maria Bieniek ist umgestoßen worden und der obere Teil zerbrach in mehrere Teile. Jedoch nicht, wie ich im ersten Moment beim Lesen der Nachricht dachte, von einem Kunstzerstörer, einem Ikonoklasten, verübt, wie sie immer mal wieder Museen und Galerien heimsuchen, meist aus eifersüchtigen, religiösen oder politischen Gründen. Und ebenso wenig von einer militanten Feministin oder FEMEN-Aktivistin verübt, die ihren unbändigen Hass auf dieses Männlichkeitssymbol, und damit perfekte Symbol der patriarchalen Herrschaft, ausagiert hätte. (Dann wären sicherlich schnell alle drei Phalli zu Bruch gegangen.) Somit Entwarnung! Mitnichten also Geschlechterkampf und Terrorgefahr jetzt auch auf deutschen Kunstausstellungen. Sondern, wie die Presseagentur dpa und, unter anderem, die Süddeutsche Zeitung berichteten, sei ein als „tollpatschiger Mann“ beschriebener Ausstellungsbesucher über die auf dem Boden stehenden Skulpturen gestolpert und habe diese aufsehenerregend „geschrottet“.

 

 

Natürlich sorgt der pikante Zwischenfall für Schlagzeilen und ist wahrscheinlich ein schwieriger Fall für die Haftpflicht-Versicherung. Zum anderen ist es für die 39-jährige Künstlerin erstmal ein Unglück, weil das Kunstwerk bestimmt nicht auf Zerstörung und mithin Befleckung und Entweihung (Opfergabe) hin konzipiert wurde. Zum anderen gehört es zur Kreativität einer Künstlerin, diese neue Relevanz und Bedeutung ihrer Kunst aktuell und neu in ihre Geamtdarstellung und Präsentation einbauen zu können.

Wie Anna Maria Bieniek im Interview daraufhin sagte, ist es Drama und „schöne Geschichte“ zugleich. Wegen des Vorfalls erhalte sie nun wohl deutlich mehr Aufmerksamkeit, als es sonst passiert wäre, so die Künstlerin augenzwinkernd. Sie sieht darin Drama und Vorteil zugleich. Doch andererseits ginge es ihr keinesfalls um eben diese Auferksamkeit: „Stopp Leute, es geht eigentlich um ein Kunstwerk.“

Bienieks Skulptur "I am not a Toy" war am 21. Oktober bei einer Vernissage verschiedener Künstler im Kunstpalais Erlangen zu sehen. Das Kunstwerk besteht aus drei bunten Penissen - etwa zwischen 40 und 60 Zentimeter groß -, die auf runden Standfüßen in verschiedene Richtungen wackeln können. Nur rund eine Stunde nach der Eröffnung sei einer der anderen Künstler über einen der Penisse gestolpert, als er sich ihren Erklärungstext durchlesen wollte, berichtete Bieniek. "Ich hab den Penis kaputt gemacht", habe der Mann danach entsetzt zu seinen Begleiterinnen gesagt.

Zuerst habe sie sich spontan gedacht: "Ich bin kein Banksy." Anfang Oktober hatte der britische Graffiti-Sprayer eins seiner Werke bei einer Auktion in London bewusst selbst zerstört, indem es geschreddert wurde. Sie habe die Zerstörung ihres Werks dagegen nicht gewollt, sagte Bieniek - erst recht nicht bei ihrer ersten Ausstellung. Auch der Mann, der über den Penis gestolpert sei, habe das nicht absichtlich gemacht. "Das war keine Provokation."

Inzwischen sehe sie auch positive Seiten: Sie sei aufgrund des Vorfalls mit vielen Männern ins Gespräch gekommen. Denn ihr Werk sei eigentlich aus einer "kleinen Wut" auf Männer entstanden, deren Sexualtrieb ihrer Ansicht nach oft zu große Macht über diese habe. "Damit können manche nicht umgehen», sagte die Künstlerin. "Das ist alles aber immer noch ein Tabu-Thema."

Die Geschichte mit dem zerbrochenen Penis sei "für jede Zeitung ein Schlager", meint Bieniek. "Natürlich ist es für mich auch Werbung." Der Unfall habe sie aber auch auf neue Ideen für Kunstwerke gebracht. Ihre Lebenseinstellung sei ohnehin: Nichts passiert umsonst. "Ich werde daraus kein Drama machen, es gibt Schlimmeres." Sie hoffe nun einfach, dass es mit der Versicherung des Mannes geklärt werden könne und sie eine Entschädigung bekomme. "Denn auch Künstler müssen schließlich von irgendwas leben", so ihr eher wenig ideeles und erbauliches Fazit.

Die Leiterin des Kunstpalais, Amely Deiss, sagte zu dem Vorfall, sie wünsche sich, dass ihr Haus auch bei anderen Ausstellungen einmal so viel Aufmerksamkeit bekomme. Der Vorfall sei nun ein Versicherungsfall und gehe seinen Gang. Anna Maria Bieniek habe den Penis ein wenig repariert, aber ein deutliches Loch darin gelassen. Das Kunstwerk sei auch weiterhin in Erlangen zu sehen.

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