Fälschungsskandal um wertvolle Gemälde

23.01.2011 21:44

Auf 1,2 Millionen Euro schätzte das Kölner Kunsthaus Lempertz ein lange verschollen geglaubtes Gemälde namens „Rotes Bild mit Pferden“ aus dem Jahre 1914 des rheinischen Expressionisten Heinrich Campendonck. Das Aufsehen war groß, als das Werk auf der Auktion 2006 sogar 2,9 Millionen Euro erbrachte.

 Nachdem die Käuferin, eine Galerie aus Genf, das Gemälde einer eingehenden Materialprüfung beim Doerner Institut in München sowie einem britischen Kunstforscher unterzog, stellte sich jedoch heraus, dass das teure Bild bloß eine Fälschung war.

 

Im Malgrund des inkriminierten Gemäldes steckten Pigmente von Titanweiß, die es zum Zeitpunkt der Herstellung des Bildes noch gar nicht gab und die der Künstler nicht hätte noch später beimischen können. Inzwischen verdichtet sich der Verdacht, dass weitere hochwertige Kunstwerke der Klassischen Moderne gleicher Maßen gefälscht worden sind. Bei diesem sich immer deutlicher abzeichnenden, massiven Fälschungsskandal sind verschiedene Käufer um etliche Millionenbeträge geprellt worden, als sie im guten Glauben bei Auktionen wertvollste Kunstwerke erwarben.

 

Bei den als Fälschung identifizierten Arbeiten handelt es sich um Werke von Fernand Léger, Max Ernst, Andre Derain, Jean Metzinger, Max Pechstein und Heinrich Campendonck. Den Bildern gemeinsam sei die selbe Art von Keilrahmen, die so genannte „französische Rahmung“, wie der Georg-Grosz-Experte Ralph Jentsch erläutert. Er sei auf eine Reihe von gefälschten Aufklebern eines Kunsthändlers an den Gemälden aufmerksam geworden, die ihn erst dazu veranlassten, nach weiteren Fälschungen zu recherchieren. Alle diese Gemälde seien nach 1992 auf dem Markt aufgetaucht und es gibt auch keine früheren Abbildungen von ihnen.

 

Als Anbieter der ganzen Kunstwerke erscheint die „Sammlung Werner Jaegers (*1912 Anderlecht, +1992 Köln)“, ein Nachlass, der lange Zeit in der Eifel unter Verschluss gehalten worden sei. Wenige Male war der Name dieser Sammlung mit Sitz in Köln und in Krefeld seit den neunziger Jahren in Auktionskatalogen aufgetaucht, als daraus Werke eingeliefert worden waren. Zwei Enkelinnen des Sammlers hatten dann Kontakt mit Henrik Hanstein, dem Auktionator im Kunsthaus Lempertz, aufgenommen, und in der Folge ist es dann zu immer neuen Angeboten aus der ominösen Sammlung für den begierigen Kunstmarkt gekommen.

 

Hanstein sieht sich seit einiger Zeit mit der Klage der Anwältin des Campendonk-Käufers konfrontiert, der die „Pferde“ zurückgeben und sein Geld erstattet sehen will. Im Gespräch mit der Zeitung beruft sich der Kölner Auktionator darauf, für sämtliche Werke von den Nachfahren der Maler einen positiven Bescheid der Echtheit erhalten zu haben. Die Werke seien „von allen maßgeblichen Gutachtern“ gesichtet und für authentisch erklärt worden. Mittlerweile räumt Hanstein ein, dass er die „Sammlung Jaegers“ für eine Finte und die Arbeiten für Fälschungen hält. Ebenso wie er seien viele Experten auf den „intelligenten Coup und die sensationell gut gemachten Fälschungen“ herein gefallen. Die Enkelinnen hätten auch unzweifelhaft und unbestritten echte Arbeiten in die Auktionen eingeliefert, wie zum Beispiel Multiples von Joseph Beuys. „Wir sind dabei den Schaden zu minimieren, und wir sind bestrebt den Käufer gütlich zu stellen“, so Hanstein.

 

Ob das Kunsthaus Lempert jedoch aus der Schusslinie gerät, ist zweifelhaft. Ein Berner Galerist wirft Hanstein jetzt vor, die Quelle der „Sammlung Jaeger“ nicht sorgfältig genug geprüft zu haben. Sorgfaltspflichten seien verletzt worden und deswegen werde er sich der Klage des Campendock-Käufers anschließen. Wolfgang Henze von der Galerie Henze & Ketterer hatte 2003 das Aktgemälde von Max Pechstein, „Liegender, weiblicher Akt mit Katze“, datiert 1913, für 500.000 Euro erworben. Das von den angeblichen Enkelinnen Jaegers eingelieferte Gemälde wird heute als Fälschung angesehen, weil es eine bekannte Zeichnung Pechsteins auf völlig untypische Art und Weise nachbildet.

 

Den gesamten Schaden, der bislang durch die Machenschaften der „Sammlung Jaeger“ entstanden ist, beziffert Henze auf 80 Millionen Euro. Mittlerweile ermittelt die Kriminalpolizei bei weit über einem Dutzend Bildern, die durch die Sammlung in Umlauf gebracht wurden. Zudem sollen die beiden Enkelinnen Jaegers und einer ihrer Ehegatten unter Betrugsverdachts festgenommen worden sein.

 

Gier ist ein schlechter Ratgeber, fällt mir dazu ein. Anders kann ich mir es nicht erklären, dass ein renommierter Auktionator so oft durch leichtfertige Expertisen mithilft, Millionen schwere Fälschungen in Umlauf zu bringen.

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