Restaurierung oder Zensur? Erotische Kunst am Kokujoji-Tempel wird entfernt
02.05.2022 22:46
Viele japanischen Tempel wissen mit beeindruckenden Kunstwerke die Besucher zu überraschen. Die schönen Darstellungen an den Wänden sind oft mehrere Jahrhunderte alt und begeistern bis heute. In Niigata gingen ebenfalls bereits des Öfteren die Malereien durch die sozialen Netzwerke, was aber nicht ausschließlich an der großen Kunstfertigkeit bei der Ausführung gelegen hat. Denn ob die Abbildungen spiritueller Natur sind, darüber kann man und hat das Netz schon lange diskutiert.
Traditionelle Kunst mit modernen Einflüssen
Bemalte Fusuma (Schiebetüren) sind oftmals eine Zier für Gebäude. Meistens zeigen sie klassische Naturdarstellungen, wobei sie Ideen aus ihrer näheren Umgebung aufnehmen. Die Darstellungen am Kokujoji-Tempels zeigen ebenfalls verschiedene Aspekte der Natur und verbinden sie mit Figuren aus der japanischen Sagenwelt, was so auch an vielen anderen Orten zu finden ist. Die Gemälde sind allerdings mit eher weniger bekleideten Herren und Dämonen verziert, die wenig der Fantasie überlassen und alles andere als traditionell sind.
2019 wurden die Kunstwerke in Niigata erstmals den Besuchern in Kokujoji vorgestellt. Sie stammen von der zeitgenössischen japanischen Künstlerin Ryoko Kimura. Die Malerin ist im Land für ihre provokanten Interpretationen klassischer japanischer Kunstwerke bekannt. Die Abbildungen im beliebten Boys Love Style sollten damals das Interesse der Touristen für die Region steigern, was sich als sehr erfolgreiche Idee erwies.
Tempel will vor allem junge Menschen ansprechen
Die Szenen entstammen teilweise der Sagenwelt, sind aber auch einfache klassischen Onsen-Darstellungen, gespickt mit einer großen Portion (Homo)-Erotik. Die dargestellten Figuren sind mit der Geschichte der Gegend und des Tempels eng verbunden. So sind unter anderem der bekannte Mönch Benkei ebenso zu sehen wie der mächtige Dämon Shuten-Doji. Lange Zeit verteidigte der Abt des Tempels die Kunstwerke, die vor allem jungen Menschen anziehen sollten.
Die Kultstätte in Kokujoji besteht seit dem Jahre 709 und der Abt sagt auch weiterhin, dass es wichtig sei, vor allem jungen Menschen für die historischen Orte zu begeistern. Um die Kunstwerke vor Umweltschäden zu bewahren, sollten die Schiebetüren im Mai 2022 entfernt werden. Ob und wann sie danach wiederzusehen sein werden, ist bisher nicht entschieden. Wer also noch einen Blick auf die Bilder werfen möchte, sollte sich beeilen.