Susanna - Bilder einer (sexuell erpressten) Frau

21.11.2022 21:03

Jan Massys, Susanna und die Alten, 1540-60

Das Wallraf-Richartz-Museum in Köln zeigt eine Ausstellung über die biblische Figur der Susanna. In den Darstellungen spiegelt sich der Jahrhunderte alte künstlerische Diskurs um das Thema sexuelle Erpressung. Es ist die nach Angaben des Museums weltweit erste Ausstellung, die sich mit den künstlerischen Darstellungen dieser bei klassischen Künstlern sehr beliebten alt-testamentarischen Geschichte beschäftigt. Im Mittelpunkt der Schau stehen Darstellungen der gedemütigten und sexuell genötigten Figur der Susanna. Die vorgestellten Werke zeigen und verdeutlichen, dass sexuelle Erpressung sowie deren Aufklärung und Sanktionierung seit Jahrhunderten bis heute wichtige Themen für Künstlerinnen und Künstler sind.

 

Das Thema ist die alttestamentarische Geschichte um die schöne Susanna, die von zwei Richtern sexuell genötigt und erpresst wird. Als sich die junge, verheiratete Frau verweigert, verleumden die beiden alten Männer sie. Am Ende klärt der Prophet Daniel das Verbrechen auf und die beiden Täter werden verurteilt. Die Ausstellung beleuchtet, wie Künstlerinnen und Künstler die Geschichte in den vergangenen 700 Jahren deuteten und verarbeiteten. Dabei stellt die Schau eine Verbindung zu aktuellen Diskussionen zum Thema sexuelle Belästigung her, etwa zur MeToo-Debatte.


"Ziel unserer Ausstellung ist es nicht, die MeToo-Thematik zu historisieren und damit zu verharmlosen", betonte das Kuratoren-Team Roland Krischel und Anja K. Sevcik anlässlich der Ausstellungseröffnung. Vielmehr beleuchte die Ausstellung, wie sich Vorstellungen von Geschlechterrollen, Religion, soziale Verhältnisse, Vorurteile oder Schönheitsideale in den Darstellungen der biblischen Geschichte spiegelten. Dabei habe sich herausgestellt, dass einzelne bislang als neutral betrachtete Susanna-Darstellungen problematisch seien. So etwa die berühmte vierteilige Kupferstichserie des Renaissance-Künstlers Heinrich Aldegrever. Sie suggeriere, dass Susanna eher Täterin als Opfer sein könnte. Aus dem im 16. Jahrhundert gängigen Thema der sogenannten "Weibermacht" entwickele sich somit schon früh das Bild der "femme fatale".

Die Ausstellung, die bis zum 26. Februar 2023 zu sehen ist, präsentiert unter anderem Werke, die die Darstellung der Susanna als Vorwand für Voyeurismus nutzen. So etwa der niederländische Meister Cornelis van Haarlem, der eine sich windende, fast vollständig entblößte Susanna ins Zentrum seines Gemäldes stellte. Eine Gegenposition nimmt die feministische US-Künstlerin Zoe Leonard ein. Ihre Fotoarbeit zeigt ein anatomisches Frauen-Modell mit geöffneter Bauchdecke in abwehrender Körperhaltung.

"Susanna - Bilder einer Frau vom Mittelalter bis MeToo" präsentiert rund 90 Gemälde, Grafiken, Buchmalerei und Kunsthandwerk vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Zu sehen sind neben museumseigenen Kunst-Schätzen zahlreiche internationale Leihgaben, darunter Gemälde von Artemisia Gentileschi, Anthonis van Dyck, Rembrandt, Eugène Delacroix, Édouard Manet, Lovis Corinth und Jacopo Tintoretto. Der künstlerische Diskurs um das Thema sexuelle Nötigung wird bis in die Gegenwart fortgeschrieben, unter anderem mit Werken von Kathleen Gilje, Heike Gallmeier und Zoe Leonard.

Wallraf-Richartz-Museum

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