Still-Flashmob in China

20.05.2014 13:58

Öffentliches Stillen in Fuzhou

Im ziemlich prüde eingestellten China sind erotische und sexuelle Äußerungen sowie Darstellungen in der Öffentlichkeit einigermaßen problematisch. Auch 'anstößige' Kunstwerke oder sexuelle Agitation müssen im Reich der Mitte mit knallharter Repression und Zensur rechnen. Umso mehr Aufmerksamkeit erregen deshalb Aktionen und Kunstprojekte, die mit dem Thema Erotik und Sexualität arbeiten. So auch am 17. Mai 2014, als über dreissig junge Frauen in Fuzhou, in Südostchina, ihre Babys gemeinsam in der Öffentlichkeit stillen.

 

Menschentrauben aus Gaffern und Neugierigen bilden sich in der MIllionenstadt am Meer, flankiert von Fotografen, als die selbstbewussten Frauen ihren Busen freilegen, um vor aller Augen ihren Kleinen - diese zugegenermaßen nicht immer im Säuglingsalter  - ihre kostbare Milch zu spenden. Mit ihrer im Internet abgesprochenen Flashmob-Aktion wollen die stolzen Mütter nicht nur auf den kommenden 'Nationalen Tag des Stillens' am 20. Mai hinweisen. Mit der mutigen Aktion soll für vermehrte Toleranz gegenüber säugenden Müttern geworben, sowie das Stillen allgemein gefördert werden, das trotz vieler gesundheitlicher und emotionaler Vorzüge sowohl für Mütter als auch für Babys in China nicht sonderlich beliebt zu sein scheint. Wohingegen der Absatz mit Muttermilch aus Flaschen boomt.

In China ist das Stillen wenig verbreitet, laut einem Unicef-Bericht von 2012 geben nur 28 Prozent der Mütter ihren Kindern die Brust. Als Gründe werden die kurzen Mutterschutzzeiten genannt sowie die aggressive Werbung für Ersatzmilch. Weil so viele Kinder in China nicht gestillt werden, haben sich Agenturen auf den Handel mit Muttermilch spezialisiert. Eigentlich sollen damit Säuglinge und Kranke versorgt werden. Inzwischen findet die Milch aber immer häufiger Absatz in der chinesischen High-Society, die für eine private Amme tief in die Tasche greift, wie chinesische Medien berichten.

Berichte über Reiche, die Muttermilch wie Champagner konsumieren sollen, haben in China für Empörung gesorgt. Nach Angaben der Zeitung "Southern Metropolis" bietet die Agentur Xinxinyu ihren Kunden Ammen an, die für viel Geld Neugeborene, Kranke und Wohlhabende mit ihrer Milch versorgen. "Unsere erwachsenen Kunden können die Milch direkt aus der Brust erhalten oder sie abpumpen lassen, sollten sie sich zu sehr genieren", sagte der Agenturchef Lin Jun. Billig ist die private Versorgung mit Muttermilch aber nicht. Umgerechnet rund 2000 Euro kostet die Amme im Monat - das entspricht in etwa dem vierfachen Durchschnittslohn. "Gesunde und hübsche Ammen erhalten deutlich mehr", so der Bericht.

Nach den Worten des Bloggers und Schriftstellers Bao Yin Cao zeige das Agentur-Angebot einmal mehr "den moralischen Verfall der Reichen in China" und unterstreiche das "gesellschaftliche Problem, Frauen wie Konsumgüter zu behandeln". Die chinesischen Kontrollbehörden teilten inzwischen mit, dass der Agentur die Lizenz entzogen worden sei. Als Grund wurden diverse Lizenz-Verletzungen genannt, nicht jedoch der angebotene Ammen-Dienst.

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