Spiritueller Orgasmus - Tantra anstatt Porno

10.01.2017 16:26

Shiva und Shakti

Die Porno-Industrie hat unser Denken über die körperliche Liebe, bzw. über den Sex (als Handlung, nicht als Disposition) massgeblich beeinflusst. Die unrealistischen, einem Leistungsdenken und Konsumismus frönenden Porno-Szenarien, scheinbar oftmals weniger durch Liebe bei den sexuellen Handlungen motiviert, als durch Aggression, Forderung und Unterwerfung, sind allerdings nicht unbedingt förderlich für ein liebevolles, erfülltes und befriedigendes Sexualleben. Abhilfe könnte hierbei die indische Philosophie des "Tantra" schaffen, die, mit Elementen des Buddhismus angereichert, seit Jahrhunderten eine komplexe, ganzheitliche Lebenskunst der Sexualität entwickelt hat, um ein im Ausgleich der unterschiedlichen Kräfte aus männlichen und weiblichen Energien, harmonisches Liebesleben zu entfalten, was fraglos zu besserer Ausgeglichenheit und Gesundheit der Menschen führen wird.

 

Unser Sexleben ist zu einem erheblichen Teil von der Pornographie geprägt. Faktoren wie Aussehen, Benehmen, Stellungen usw. stammen häufig aus extrem inszenierten und unrealistischen Sex-Szenarien. Das kann zu Frustration und somit zu unbefriedigendem Sex führen. Eine völlig andere Richtung geht hierbei die Philosophie des "Tantra", die sich in der westlichen Welt einer grösseren Beliebtheit erfreut, als in ihren heutzutage äusserst prüden Herkunftsländern. Anders als allgemein angenommen, geht es beim Tantra-Sex nicht um eine körperbezogene Methode, zum Höhepunkt zu kommen. Vielmehr handelt es sich um eine Philosophie, wobei zwei sich liebende Menschen sich auf spiritueller Ebene vereinen sollen.


Perfekte Körper für perfekten Sex

In der Pornographie sind schöne Körper omnipräsent. So wird uns unterbewusst mitgeteilt, dass Sexualität davon abhängt, wie man aussieht. Du musst jung und fit sein, perfekte Brüste, einen Knackarsch, einen Waschbrettbauch und einen grossen Penis haben, sonst kannst du gar kein guter Sex-Partner sein. Dies führt zu einem enormen Minderwertigkeitsgefühl für viele mit einem schamhaften Körpergefühl, und die, die meinen, nicht jung, straff und perfekt genug für leidenschaftlichen Sex auszusehen.

Die Befriedigung des Partners scheint im Porno das Wichtigste, obwohl es eigentlich Egomanie bis hin zu sexueller Raserei darstellt, bei der der Partner meist nur einen Objektcharakter zur Selbstbefriedigung hat. Natürlich ist das Verlangen, deinen Partner glücklich zu machen tief in uns verankert und ist wundervoll, es ist jedoch nicht das gleiche wie im Porno. Den Partner zum Höhepunkt zu bringen, ist im Porno das vermeintlich primäre Ziel. Eigentlich ja nichts Schlechtes würde mensch meinen, in unserem Unterbewusstsein spielt hierbei allerdings ein anderer Faktor mit. Die Botschaft, die wir so nämlich erhalten ist, dass wenn ich meinen Partner nicht zum Super-Orgasmus bringe, es sich gar nicht erst lohnt, Sex zu haben und zum Körperglück zu verhelfen. Wir leiden so unter enormem Leistungsdruck und Beklemmungen uns wirklich hinzugeben, sowohl beim Spender, wie auch bei der Empfangenden.


Liebe, Zärtlichkeit und Intimität

Pornos haben nichts mit Verbundenheit zu tun. Es ist viel mehr eine Serie physischer Ereignisse zwischen zwei Menschen. Es gibt keine oder wenig freundschaftliche Verbindung oder echte Intimität. Das ist nicht unbedingt schlecht, manchmal ist es sogar genau das Richtige, jedoch vermittelt es unserem Unterbewusstsein erneut das Zeichen, dass dies alles beim Sex sei. Die Verbindung der beiden Personen ist unwichtig, wichtig ist nur, dass mensch "zum Abschuss" kommt.

Für Tantra-Liebende ist das schlimmste am Porno-Sex, dass er das Gefühl gibt, dies sei alles was es gibt. Wir denken, wir wüssten alles über Sexualität und die Porno-Industrie zeigt uns, wie in einem Katalog, was wir damit machen können. Dabei ist es nicht die einfältige Suggestion von Sex als Abreaktion, sondern die Vielfalt des Tantra bietet geradezu dieses schillernde, höchste anhaltene Befriedigung und alle Aspekte des Lebens umfssende Kaleidoskop aus Liebe, Leidenschaft, Lebenskunst und Sexualität.


Wir sind mehr als nur Körper und Automat

Im Tantra ist der sinnlichste Teil von uns nicht unbedingt unser leiblicher Körper. Eine sinnliche Person kann jemanden berühren, reizen  oder nur anschauen und staunen, schon ist der Partner verzaubert. Die Körper vereinen sich, atmen zusammen und erleben ihren Höhepunkt zuerst einmal im Kopf, vom Körper unabhängig. Wie verführerisch die Körper gestaltet sind, wie schön die äusseren Geschlechtsmerkmale aussehen, ist dabei herzlich uninteressant.

Wenn sich die Partner berühren und es geniessen, ihre Haut anzufassen, bilden sie ein gemeinsames Energiefeld. Dieses Erlebnis ist völlig anders als eine geile Berührung, nur um den Partner zu befriedigen. Im Tantra gibt es einen ewigen Kreislauf von Befriedigung. Wenn du deinen Partner berührst und dich dem Moment hingibst, merkt das die Empfangende und ihr Körper sendet die gleichen Signale zurück. Die Rollen von "Sender" und "Empfänger" verwischen so und daraus wird beim Zelebrieren  ihrer sexuellen Handlungen die endlose Befriedigung beider Partner, ich bin geneigt zu sagen, der orgasmus der Seelen.


Sexualität als multidimensionale Erfahrung

Im Tantra kommt die Verbindung als erstes, dies ist das Fundament jeglicher sexueller Erregung. Es ist, als ob man zuerst an den Partner "ankoppelt", bevor die Energie durch beide fliessen kann. Es ist anfangs schwierig, den eigenen Schutzschild (vor der eigenen Hingabe) zu öffnen, sich fallen zu lassen und jemand anderen tatsächlich in sein intimstes Innerstes zu lassen, doch die Erfahrung, versprechen Tantristen, wird unbeschreiblich sein.
 
Wenn wir unser ganzes Wesen in eine intime Erfahrung einbringen und dabei das wohltuende, entspannende Setting bei der Entfaltung unserer Körperlust nicht vergessen, verändert sich der vormals simple, auf  physische Abreaktion zielende Sex in ein höheres, quasi "heiliges" Erlebnis des Geistes und der Seele. Neben der körperlichen Befriedigung kommen unzählige Zustände wie Emotionen, Gefühle, Präsenz, Sinnlichkeit, Kreativität, Intuition und eine Menge weiterer Dimensionen, wie die zusätzlich genutzten Tränke, Speisen, Kleider, das Interieur der Liebesstatt usw., zu dieser jedesmal einmaligen, ganzheitlichen und unsterblichen Erfahrung der Verschmelzung von "Yin und Yang" (dem männlichen und weiblichen Prinzip) sowie "Lingam und Yoni" (dem männlichen und weiblichen Geschlechtsorgan) zusammen.

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