Erleben wir eine Sperma-Krise?

18.09.2017 23:44

sperms don't like smoke

Wieder einmal schreien die Schlagzeilen der Tageszeitungen in großen Lettern: Die Deutschen/Europäer sterben aus. Männer - das schwache Geschlecht. Neue Männer braucht das Land. Frauen sind glücklicher ohne Männer. Männer wollen keine Kinder mehr. Immer weniger Junge zahlen für immer mehr Alte. Immer mehr Alte sind vereinsamt und in Not. Im gleichen Kanon lesen sich die seit Jahrzehnten zunehmenden Studien über die männliche Fruchtbarkeit meist wie Notstandsberichte. Die Anzahl und Qualität der Spermien sinke unaufhaltsam, berichten jene Forscher. Wenn die Entwicklung nicht gestoppt werde, sei die generelle Zeugungsunfähigkeit des Mannes nur noch eine Frage von Jahrzehnten. Die Menschheit könnte auf dem besten Wege sein, sich selbst auszurotten. Es droht die Sperma-Krise.

 

Sperma-Krise! Sperma-Krise!

 

In nackten Zahlen hat die Spermaproduktion westlicher Männer im Verlauf von 40 Jahren um über die Hälfte abgenommen – das zeigt eine neue Studie aus über fünfzig, auch nicht-westlichen Ländern. So habe im Zeitraum 1973-2011 die Spermienkonzentration von männlicher Samenflüssigkeit um insgesamt 52,4 Prozent abgenommen, die Gesamtzahl vorhandener Spermien sei sogar um 59,3 Prozent gefallen, erklärt der Hauptautor der Studie Dr. Hagai Levine, Leiter der Abteilung für Umweltgesundheit an der Hebräischen Universität Jerusalem.

„Auf jeden Fall müssen wir jetzt dringend die Ursachen männlicher Unfruchtbarkeit und des Spermienabfalls untersuchen. Und gleichzeitig müssen wir Ursachen, von denen wir wissen, dass sie spermienschädigend sind, angehen und Männer vor diesen katastrophalen Umwelteinflüssen schützen.“

Nach einer Erklärung für die Reduktion der Zeugungsfähigkeit haben die Forscher bislang nicht gesucht. Ihnen ging es zunächst nur darum, möglichst genaue Daten zu Spermienkonzentration und Spermiengesamtzahl zu erhalten. Es handelt sich um die erste Metastudie ihrer Art, für die  insgesamt die Untersuchungen von 43.000 Männern ausgewertet wurden.

 

Die Gesundheit von Männern sinkt


Für Levine ergibt sich aus der Studie, dass sich die Zahl der Männer mit eingeschränkter Fruchtbarkeit bis hin zur Unfruchtbarkeit bedeutend erhöht hat. Da geringe Spermienproduktion auch ein Indikator für Krankheit und Sterblichkeit sei, zieht er auch das Fazit: „Die allgemeine Gesundheit von Männern sinkt.“ Dieser Wandel könne nur auf schädigende Umwelteinflüsse zurückgeführt werden, weil genetische Veränderungen niemals so schnell passieren können. Von den gegeben Daten her kommt er zu dem Schluss, dass bei nicht-westlichen Männern der Abfall der Spermienproduktion nicht dermaßen hoch sei.

Über die Ursachen für dieses Phänomen selbst trifft die Studie keine Aussagen, diese Arbeit will der Autor als nächstes angehen. So viel sagt er aber: Dass man bereits um diverse chemische Einflüsse wisse, die sich negativ auf die Spermienproduktion auswirken. Hierzu zählt der Autor zum Beispiel Pestizide, aber auch an Fluorid und Aluminium ist hier zu denken. Andere Ursachen für Spermarückgang wie Rauchen, Alkohol, Fettleibigkeit oder mangelnde Bewegung sind ebenfalls bekannt, aber es scheint doch noch einiges mehr an Ursachen für die Sperma-Krise zu geben.

 

Gefahr durch künstliche Hormone

 

Eine bedeutende Ursache für eine abnehmende Spermienproduktion bei westlichen Männern würde ich auch in den hormonell wirksamen Chemikalien sehen, wie Bisphenol A, einem Wirkstoff, der unter Sonneneinstrahlung in Weichplastik-Flaschen freigesetzt wird und bei Männern die Östrogen-Ausschüttung erhöht, was zur Ausbildung von Brüsten und zur Rückbildung der Genitalien führen kann.

Die Auswirkungen von hormonaktiven Substanzen (wie z.B. Phtalaten) auf die männlichen Geschlechtsorgane und die Fortpflanzungsfähigkeit generell wurde in einer Vielzahl an Tierversuchen bestätigt, ebenso übrigens wie deren Wirksamkeit in Dosen unterhalb eines toxischen Grenzwertes. (Es gab zu dem Thema auch mal eine sehr sehenswerte arte-Reportage mit dem passenden Namen "Männer vom Aussterben bedroht".)

Gefahr durch Mikrowellenstrahlung

 

Außerdem dürften die Auswirkungen der Handystrahlung noch weitgehend unterschätzt werden. Wenn ich sehe, wie nicht wenige meiner Geschlechtsgenossen sich ihr Mobile in die vorderen Hosentaschen stecken, direkt an ihre Geschlechtsorgane, dann brauche ich nicht viel Fantasie um mir vorzustellen, wie eine derartige Mikrowellen-Attacke die Genitalsäfte zum Brodeln bringt. Es reicht doch eine Erwärmung der Genitalien auf ca. 37° Grad, um den Samen unfruchtbar zu machen - was im Übrigen eine prima Verhütungsmethode darstellt.

Männer, die Wert auf ihre Fortpflanzungsfähigkeit legen, sollten darauf achten, wo sie ihren Laptop platzieren und dass sie nicht mit geschlossenen Beinen damit arbeiten oder spielen. Das geht aus einer Studie hervor, die 2010 im Fachmagazin Fertility and Sterility veröffentlicht ist. Stellt man das Gerät, wie es der Name im Englischen nahelegt und wie dies etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln praktiziert wird, auf den Schoß, so führt dies zu einer Erwärmung der Samenfäden produzierenden Keimdrüsen ("Scrotal Hyperthermia"). Schon innerhalb von 10 bis 15 Minuten würde sich die Temperatur der Testikel über das hinaus erhöhen, was der Studienautor und Urologe Yefim Sheynkin als "sicher" bezeichnet - und zwar, ohne dass diese Gefahr den Klappgerät-Benutzern aufginge: "they don't feel it".

 

Gefahr durch Medienkonsum

 

Eine weitere Ursache der Spermien-Krise könnte generell der verhältnismäßig hohe Medienkonsum in der westlichen Welt sein. Studien zum Spermienrückgang fallen meist durch ihre geringe epidemiologische Basis auf. So veröffentlichte etwa das Berliner Ärzteblatt im Februar 2013 die Ergebnisse einer Studie an 189 jungen Männern im Alter von 18-22 Jahren. Die Forscher glaubten, dort eine Korrelation zum Fernsehkonsum feststellen zu können. Die Spermiendichte der sportlicheren Kerle sei um 73 Prozent höher als die der "Coach Potatoes" hieß es. Vielleicht hatten die Körperbewussten Sportlertypen aber auch einfach nur mehr Erfolg beim anderen Geschlecht? Und damit einen guten Anlass für eine vermehrte und qualitativ erhöhte Samenproduktion?

Hier steht also die Frage im Raum, ob die verminderte Spermienqualität nicht nur durch soziale und zivilisatorische Ursachen erklärt werden kann, sondern möglicherweise auch durch eine zunehmende Anlasslosigkeit für die Spermienproduktion von Männern in unseren Single- und Kleinfamilien-Gesellschaften im Westen?

Bringen wir also unsere aus möglicherweise ganz anderen Gründen niedrige Geburtenrate selbstquälerisch völlig zu Unrecht mit zurückgehender Samenqualität in Verbindung? Eines ist sicher: Die Fruchtbarkeit unserer Samen wird in der Praxis immer noch viel zu selten im realen Feldversuch getestet. Das Primat der Verhütung, der Trend zur Selbstbefriedigung, das Lob der Distanz – das sind die Elemente, die außerklinische Fruchtbarkeitstests an Samen zur immer selteneren Ausnahme machen.

 

Doch keine Gefahr durch schlechten Lebensstil?

 

Britische Wissenschaftler der Universitäten Manchester und Sheffield hingegen geben für Männer Entwarnung, die um ihre Spermienqualität fürchten, weil sie ungesund leben, zu dick sind, Alkohol, Nikotin oder andere Drogen konsumieren.

Untersucht wurde für die Studie, die 2012 in der Zeitschrift Human Reproduction erschienen ist, die Beweglichkeit von Spermien bei über 2200 Männern in Reproduktionskliniken, die Angaben zu ihrem Lebensstil machten. Verglichen wurden die Informationen mit den Daten von 939 Männern, die nur eine geringe Zahl beweglicher Spermien ejakulierten, und einer Kontrollgruppe von solchen mit einer hohen Zahl an Spermien.

Der Lebensstil scheint bei der Spermienqualität und damit für die Zeugungsfähigkeit bzw. für die Behandlung der Unfruchtbarkeit keine Rolle zu spielen. Daher fordern die Wissenschaftler dazu auf, die Richtlinien zu überarbeiten, die Ärzte dazu anhalten, unfruchtbare Männer vor den Gefahren des Nikotin- und Alkoholkonsums, des Übergewichts und des Tragens enger Unterhosen zu warnen.

Probleme scheint es wenig erstaunlich bei Männern zu geben, die eine Operation an den Hoden hinter sich haben. Auch körperliche Arbeit scheint der Fruchtbarkeit ebenso wie Arbeitslosigkeit abträglich zu sein, offenbar sind auch Schwarze davon betroffen sowie Männer, die enge Slips und keine Boxershorts tragen.

Na und? Für viele Männer sind sowieso die Frauen schuld wenn kein Nachwuchs kommt (eine in vielen Ländern der Welt unhinterfragte patriarchale Dominante).

Zur Befruchtung eines weiblichen Eies reicht eigentlich ein Spermium - der Rest ist Ausdruck der Fülle, Üppigkeit und Verschwendung des Lebens.

 

Gefahr durch Zivilisation - Konkurrenz, Stress, Umwelt

 

Mich wundert es eigentlich nicht, dass die Männerwelt immer mehr an "Biss" verliert und zeugungsunfähiger wird. Konkurrenz, Stress und Umwelteinflüsse neigen dazu, sich im Körper auf die eine oder andere Weise zu manifestieren. Die völlige Überlastung des Mannes zeichnet sich halt nicht nur in einer höheren Sterblichkeitsrate und geringeren Lebenserwartung ab, sondern auch in einer sinkenden Zeugungsfähigkeit. Sollte es aber äußere Einflüsse geben, dann sind sie sicherlich bei den zwei Dingen zu suchen: Stress und Umwelteinflüsse.

Dauerstress ist schädlich und beeinflusst den Metabolismus enorm. Und Umwelteinflüsse können alles mögliche sein, angefangen von Weichmachern, Konservierungsstoffen bis hin zu Radioaktivität und Klimaveränderungen, zehntausend und eine Ursache. Wir leben schlichtweg ungesund - warum soll sich das bei der Zeugungsfähigkeit des Mannes NICHT auswirken?

Die Gefahr von hormonaktiven Substanzen und anderen Umweltgiften zu unterschätzen wäre ein tragischer Fehler, auch wenn soziale Faktoren, wie allgemein steigende Unlust und nachlassendes Interesse an Sexualität bzw. der mangelnde Anlass bei vielen alleinstehenden Männern in der westlichen Welt ebenso zu berücksichtigen wären. Sozialpsychologische Komponenten wie die Auflösung klassischer Rollenbilder, der kulturelle Geschlechterkampf oder weit verbreitete Minderwertigkeitskomplexe tragen ansonsten auch ihren Teil zu den möglichen Ursachen der von den zitierten Wissenschaftlern ausgerufenen Sperma-Krise im Westen bei.

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