Sex-Skandale um die Libertins der Macht

07.06.2011 18:42

Marquis de Sade - Juliette

Bill Clintons Blow-Job-Affäre mit seiner Sekretärin, Silvio Berlusconis Bunga-Bunga-Parties mit Minderjährigen, der sogenannte "Sachsensumpf" mit landesweit tiefster Korruption und perversesten Verstrickungen zwischen Politikern, Menschenhändlern und Prostitutionsringen, oder Lustreisen zu eigens arrangierten Orgien in der größten ungarischen Therme, für Geschäftspartner der deutschen Versicherung Ergo - solche skandalträchtigen Berichte bieten nur kleine Einblicke in eine fremde Welt. Die uns fremde Welt der Eliten und der Mächtigen, die nur durch "Schlüsselloch-Affären" Einblick in eine normalerweise verborgende, äußerst seriöse und in ihrer ritualisierten Betulichkeit, im Lichte der Öffentlichkeit, sehr diskreten Privatsphäre gibt. Wie Avatare der Politik und Wirtschaft geraten da Mächtige plötzlich im Rahmen von Skandalen, bei kriminellen Fehlleistungen ertappt wie die Schuljungen beim Schummeln, auch in ihrer tollpatschigen Unfähigkeit, sich selbst angemessen zu verteidigen, in die arrangierte Falle. Die Falle war eine Sex-Falle, weil Sex neben Gewalt die vorteilhaftere, "saubere" Methode ist, jemanden zu blocken, in Verruf zu bringen, mundtot zu machen oder dessen Integrität in Frage zu stellen. Aber das wissen wir ja schon von James Bond. Die Sex-Falle eignet sich hervorragend dazu, unliebsame Konkurrenten und Nebenbuhler moralisch zu blamieren, in ihren Aktivitäten auszubremsen oder politisch auszuschalten.

 

Gegen Julian Assenge, den Gründer der Internet-Enthüllungsplattform Wikileaks, ermittelt seit Dezember des letzten Jahres die schwedische Justiz wegen des Verdachts der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung. Zuletzt hatte ein britischer Richter einen Auslieferungsantrag gegen den Whistleblower (Geheimnisausplauderer) für rechtmäßig erklärt, welcher mittlerweile durch seine pikanten Veröffentlichungen rund um die US-amerikanische Außenpolitik zum Staatsfeind par exellence avanciert ist. Julien Assange, ein Libertin des Internet und der Geheimdiplomatie der Eliten, der nach anfänglicher Festnahme und nach Zahlung einer Kaution, von einer Fußfessel bewacht, bei einem Freund in England unter Hausarrest steht, muß erneut um seine Auslieferung nach Schweden bangen, wo er angeblich auch einem direkten Zugriff der CIA ausgeliefert ist.

Das sich anbahnende politische Martyrium Julian Assenges wurde möglich durch das eigentümliche schwedisches Strafrecht, wodurch es als Vergewaltigung gelten kann, wenn trotz einvernehmlichem Sex kein Kondom benutzt wird. Solch eine mögliche strafbare Handlung des Mannes kann mit einem Minimum von zwei Jahren bestraft werden. Nach normalem Rechtsverständnis spricht man von einer Vergewaltigung, wenn eine Person eine andere gegen ihren Willen unter Anwendung von Gewalt zum Vollzug des Beischlafs nötigt. Aus frauenrechtlichen Gründen, und aus solchen der AIDS-Prophylaxe, ist solch ein Gesetz zwar nachvollziehbar um Frauen vor indirekter Gewalt und Druck zu schützen, aber problematisch, wenn nur der Mann die rechtliche Verantwortung für mangelnde Verhütung trägt.

Die Frauen wussten wer Assange ist, sie prahlten sogar mit seiner „Prominenz“. Sie sind um die 30 Jahre alt, also keine Minderjährigen und haben vermutlich reichlich sexuelle Erfahrung. Es gibt auch keine Hinweise auf Drogen oder andere bewusstseinsstörende Substanzen, die ihren Willen beeinflusst hätte. Die Damen Anna Ardin und Sofia Wilén, sind sogar hergegangen und haben sich danach gegenseitig Tweets und SMS über ihre „Eroberung“ einer bekannten Persönlichkeit zugeschickt und damit angegeben. Die eine hat die andere nicht gewarnt, sie wäre vergewaltigt worden, nein, sie haben ihre tollen Erlebnisse ausgetauscht. Das macht die Sache völlig unglaubwürdig. Wo ist da ein Verbrechen?

Wer ist Anna Ardin überhaupt? Sie ist eine Christin, Feministin, Sozialdemokratin, Tierschützerin und Abtreibungsgegnerin aus der linken Szene. Sie war verantwortlich für Gleichstellungsfragen in der Studentenvereinigung der Universität Uppsala, wofür sie einen Auszeichnung bekam. Auf ihrem Blog beschreibt sie sich als: "Politwissenschaftlerin, Kommunikatorin, Entrepreneurin und freie Schriftstellerin mit speziellen Wissen über Glauben und Politik, Gleichstellung von Mann und Frau, Feminismus und Lateinamerika.“ Also nicht gerade ein unbedarftes armes Hascherl vom Lande, das keine Ahnung von Sex hat und was soetwas bedeutet. Nach der angeblichen Vergewaltigung ging Ardin sogar her und hat zu Ehren von Assange eine Party in ihrer Wohnung geschmissen und schickte Tweets an ihre Freunde, in denen sie sich entzückt zeigte.

Der Begriff Libertin (veraltet auch Libertiner, von lat. libertinus „zu den Freigelassenen gehörig“) wird für zwei unterschiedliche Bedeutungsinhalte gebraucht: 1. Der Libertin der Sitten (frz. libertin de mœurs), der eine Person bezeichnet, die sich nicht an moralische und traditionelle sexuelle Normen gebunden fühlt und einen ausschweifenden Lebenswandel führt. Libertinage bzw. Libertinismus bezeichnet davon abgeleitet den moralisch ausschweifenden Lebenswandel. Die bekannstesten Beispiele hierfür wären der Marquis de Sade oder der Magier Aleister Crowley. 2. Der Libertin des Geistes (frz. libertin d’esprit) bezeichnet den Freidenker oder Freigeist. Später wurde der Begriff allgemein eher als Schmähung für vermeintliche Ketzer und Menschen mit ausschweifendem Lebensstil verwendet. Als Libertin des Geistes galt Pierre Gassendi (1592-1655), einer der wichtigsten Libertins des Barock, Mit seinem skeptisch-materialistisch/ -atomistisch geprägten Werk (es gibt nur Existenz und Nichtexistenz) widerlegte er Teile der idealistischen Erkenntnistheorie Descartes'.

Entgegen der dualistischen Auffassung Descartes (Geist und Materie). sah Pierre Gassendi den Beweis für die Existenz Gottes in der Harmonie der Natur. Sein Beweis für eine rational denkende und – im Gegensatz zu Aristoteles – unsterbliche Seele stützte sich auf die (für ihn offenkundige) Kraft reflexiven Denkens und das Wissen des Menschen um ethische Grundsätze. Im dritten Teil seiner Philosophie – der Ethik – stellte er den Seelenfrieden und die Schmerzfreiheit als Ziel menschlichen Strebens dar; diese seien jedoch in der Praxis kaum erreichbar.

Die diesem Gedanken zugrunde liegende Ethiklehre Epikurs zielt im Kern auf eine Verbesserung, Erhöhung und Verstetigung der Lebensfreude durch den Genuss eines jeden Tages, womöglich jeden Augenblicks, wie es das Motto des Horaz: 'Carpe Diem' (nutze den Tag) besagt. Dazu gilt es, alle Beeinträchtigungen des Seelenfriedens zu vermeiden bzw. zu überwinden, die aus Begierden, Furcht und Schmerz erwachsen können. Die Lust am Leben stetig auszukosten, macht die Kunst diesesepikureischen Weisen aus.

Wenn es den Marquis de Sade getrieben hätte, den Seelenfrieden und die Schmerzfreiheit durch Sprengung aller moralischer Normen, seiner exzessiven Eigenliebe und durch den materialistischen Gebrauch anderer zu erreichen, dann hat er wohl den Weg gewählt, der durch den Schmerz, die Angst und den Ekel hindurch die Transzendenz und die Aufhebung eben jener Unlüste zu erreichen sucht. Letztlich rausgekommen dabei ist leider ein halbes Leben hinter Festungsmauern, bewacht und gegängelt, permanent vom Tode bedroht, um dann verarmt und irre zu sterben. Idealistisch betrachtet könnten die Libertins de Sade oder Aleister Crowley wie Freigeister oder Freitäter (-schärler) oder Freiheitskämpfer gesehen werden. Der tragische Libertin überwindet sich selbst auf seiner aufregenden Reise durch die Abgründe der menschlichen Seele nicht. Er bleibt in den eigenen Verstrickungen gefangen, um letztlich kümmerlich zu sterben, ob in Vergessenheit geraten, ob in Unfreiheit, oder in Armut, Einsamkeit und Sucht, wie es Aleister Crowley, dem Gründer der SexualMagick später passiert ist.

De Sades durch die Heirat mit Renée Pélagie erworbener Reichtum ermöglichte es ihm früh, ein skandalöses Leben zu führen, das bald selbst den Rahmen dessen sprengen sollte, was man damals bei adeligen Libertins hinzunehmen bereit war. Wie zu jener Zeit unter Angehörigen seines Standes durchaus üblich unterhielt de Sade Beziehungen zu Schauspielerinnen und Kurtisanen, wobei seinerzeit jene beiden Professionen kaum je wirklich voneinander abzugrenzen waren. Kurtisanen und Schauspielerinnen galten gleichermaßen als die "Aristokratie der Prostitution" und viele Mädchen aus der Mittel- und Unterschicht setzten alles dran, einem noch übleren Schicksal in den Puffs und in der Gosse zu entgehen.

De Sades bekanntestes Werk ist wohl das zur Revolutionszeit veröffentlichte Werk "Die Philosophie im Boudoir" von 1795. Es schildert die ungefähr einen Nachmittag und Abend füllende sexuelle und intellektuelle Initiation eines adeligen jungen Mädchens durch eine adelige Frau (die Geliebte ihres libertinen Vaters, der das arrangierte) und zwei adelige Männer plus einem gut bestückten Bauernburschen. Die vier Hauptfiguren führen in den nötigen Erholungspausen philosophische Gespräche, in denen sich als „unmoralischer Lehrer“ der homosexuelle Hedonist und Atheist Dolmancé hervortut. Leitmotiv seiner Einstellung ist die wohl von d'Holbach übernommene Vorstellung des „Rechtes des Stärkeren“, welches de Sade interpretiert als Recht einer sozialen und geistigen Elite – letztlich der Hocharistokratie – auf eine ungehemmte Verfolgung ihres Strebens nach Lustgewinn.

"Als Dolmancé sie anal penetrierte, während sie ihre Mutter mit dem künstlichen Penis traktierte, mit dem sie jener ausgerüstet hat, ruft Eugénie: "Ich bin also Blutschänderin, Ehebrecherin und Sodomitin zugleich, und alles bei einem Mädchen, das erst heute entjungfert ist!" Der Akt der Schändung und Entweihung, den sie vollzieht, eine Fuge aus sexuellen und familiären Fehltritten, so Carter, stellt einen Sadeschen rite de passage dar, der Zugang zu einer vollwertigen, sexuellen Existenz gewähren soll. Die Brutalität von Eugénies Reaktion gibt Aufschluss über den Grad der Unterdrückung, unter der das Mädchen gelitten hat. Sie ist außerdem ein charakteristisches Beispiel des Sadeschen schwarzen Humors, wie Angela Carter beschreibt.

Darauf machen die Libertins Madame de Mistivals langgehegte und heuchlerische Keuschheit zunichte, indem sie einen Syphilitiker herbei rufen, der sie an beiden Öffnungen mit der Lustseuche ansteckt und ihr damit die Strafe aufzwingt, die wie einer natürlichen Gerechtigkeit zufolge den Genießern genau der Freuden vorbehalten ist, die Madame de Mistival sich stets versagt hat. Schließlich greift Eugénie zu Nadel und Faden und näht ihr Opfer fein säuberlich zu. (...) Dolmance: "Möge dies dir eine Lehre sein, dass deine Tochter in einem Alter ist, in dem sie tun und lassen kann, was sie will; dass sie gerne fickt, dass sie zum ficken geschaffen ist und dass es, wenn du nicht selbst gefickt werden willst, das Einfachste ist, wenn du sie in Ruhe lässt." (Angela Carter, "Sexualität ist Macht (1979)", S. 134/135)

Dass nur Männer Libertins sind, wird von de Sade entschieden bestritten, sind doch seine "Heldinnen" wie Eugénie oder Juliette oder die sie begleitenden geilen und phallischen Puffmütter und Erzieherinnen Durand oder Saint-Ange, in ihren grausamen und perversen Praktiken keinen Deut besser, als die adligen Herrenmenschen in "Die 120 Tage von Sodom", die ihre Sklaven den unaussprechlichsten Martern und Erniedrigungen aussetzen, hermetisch abgeschlossen von der Außenwelt mit einem Kodex, der eine bedingungs- und hemmungslose Ausleben aller Freiheiten vorschreibt, natürlich nur für die Herrschenden. Oberstes Gebot ist natürlich die Geheimhaltung, die alle Beteiligten schützt, sie jedoch auch total den jeweils anderen aus dem kleinen Kreis der Mitwisser ausliefert.

"Die Libertins sind hochrangige Aristokraten, Grundbesitzer, Bankiers, Richter, Erzbischöfe, Päpste, und einzelne Frauen, denen es mit Hilfe von Prostitution, Spekulation, Mord und Wucher gelungen ist, Reichtum zu erwerben. Sie haben das tragische Gebahren und die infernalische Geschwätzigkeit von Verdammten; ihnen fehlt ein Innenleben und Introspektion. Sie sind nicht mehr als die Summe ihrer Handlungen. Durch ihr abscheuliches Privileg sind sie ausgestoßen aus der Welt, die sie zugleich beherrschen." (Angela Carter, S. 37)

Letztlich starb der Marquis 1814 im Asylheim von Charenton verarmt in Isolationshaft und mit Schreibverbot belegt, nachdem ihm 1803 der Prozess wegen Satire gegen Napoleon gemacht wurde, er erst in eine Irrenanstalt und dann in das Asyl verbannt wurde. Sein Sohn Donatien-Claude, der den Atheismus seines Vaters ablehnte, verbrannte schließlich noch de Sades letztes großes Werk, und es sollte sich erst im 20. Jahrhundert mit Xavier de Sade ein Nachfahre seiner Herkunft bekennen.

Zum Thema Herrschaft und Sexualität führt der Soziobiologe Johan van der Dennen von der Universität Groningen im Spiegel aus: "Mächtige Männer haben sowohl eine hyperaktive Libido im Vergleich zu normalen Männern als auch eine größere Bereitschaft, darauf zu spekulieren, dass sie überall und jederzeit mit ihren sexuellen Aktivitäten davonkommen können. Macht ist ein starkes Aphrodisiakum. Mächtige Männer erwarten quasi automatisch, dass andere Menschen ihre Wünsche erfüllen. Sex ist bloß ein Teil dieses Spiels. Auch mächtige Frauen haben einen überdurchschnittlichen sexuellen Appetit. (...) Meiner Meinung nach ist es aber die Machtposition an sich, die Männer arrogant, narzisstisch und egozentrisch macht, ihnen einen übermäßigen Sexualtrieb verleiht, der sie paranoid und despotisch macht und gierig auf noch mehr Macht, auch wenn es Ausnahmen zu dieser Regel gibt." (Spiegel, 25.05.2011, http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,764593,00.html)

Der Fall Dominique Strauss-Kahn scheint für eine Verdeutlichung des Zusammenhangs zwischen Macht und Sexualität besonders exemplarisch zu sein. Dieser pikante Skandal, der jüngst eine erstaunliche Wende genommen hat, nachdem der französische Sozialist Strauss-Kahn und IWF-Vorsitzende in einem New Yorker Hotel wegen versuchter Vergewaltigung eines Zimmermädchens, unter dem großen Interesse von Medien und Öffentlichkeit festgenommen wurde, wirft ein grelles Schlaglicht auf eine verborgende, geheime Struktur sowie Netzwerke, Verflechtungen, Komplotte hinter der glitzernen Fassade und Welt der Mächtigen und Herrschenden aus Politik und Wirtschaft, auf ihren Parties, Konferenzen, Reisen und Hotelzimmern. Strauss-Kahn, der aufgrund des Vorwurfs und der Festnahme von seinem Vorsitz des Internationalen Währungsfonds zurücktreten musste, wurde jetzt frei und alle Vorwürfe gegen ihn fallen gelassen, da ausgewertete Telefongespräche und hohe Geldüberweisungen auf das Konto des Zimmermädchens, den ganzen Fall als Komplott und Inszenierung offenbarten. Kaum wurde die Anklage fallen gelassen, meldete sich prompt eine französische Journalistin, die ihn ebenfalls anklagen werde, wegen Nötigung und Vergewaltigung vor einigen Jahren.

Rein garnicht ist Strauss-Kahn zu Unrecht beschuldigt worden oder entbehrten die Vorwürfe jeder Grundlage. Zum einen brach er überstürzt (schuldbewusst?) aus dem Hotel aus, und ließ Handy und Dokumente im Zimmer zurück, zum anderen wäre es nicht das erste Mal, dass er sich der sexuellen Dienstbereitschaft eines Zimmermädchens versichert hätte. Strauss-Kahn ist sicherlich ein Paradebeispiel für den oben zitierten Zusammhang zwischen Hyperaktiver Libido und Machtbesessenheit und hatte längst schon den Ruf als notgeiler Lustmolch und für alle Frauenrechtlerinnen unmöglichen Patricharchen weg. Auch seine posthume Entlastung ändert wenig an dem Bild des sexuellen Libertins, dass ihm anhaftet, noch an seiner politischen Zerschlagung in Bezug auf die ganz großen Karrieren, die er gerade anvisierte, als neuer Sozialistenführer in Frankreich oder als einer der Köpfe der globalen Hochfinanz.

Der Verweis auf die, hinter dem öffentlich zur Schau gestellten Hedonismus und der Macht, zugrunde liegenden Strukturen deutet darauf hin, dass die inoffiziellen, informellen, geheimen und weitverzweigten Kanäle und Verbindungen von Macht und Herrschaft, einem strengen Protokoll, bzw. ehernen Regeln und Gesetzen, zu gehorchen scheinen, die bei Übertretung derselben, beim Sakrileg, unbarmherzig geahndet werden. So wie die Adligen und Tyrannen in den 120 Tagen von Sodom ebenfalls einem strengen Regelwerk gehorchen, bis hin zu so esoterischen Handlungen wie der exakten Choreografie von geometrischen Figuren beim Gruppensex, ist es allerhöchste Priorität, einer absoluten Geheimhaltung und Verschwiegenheit zu huldigen.

Wie auch in dem Film "Eyes Wide Shut" gezeigt wird, dem Vermächtnis des Regisseurs Stanley Kubrick, in dem Tom Cruise als Protagonist zufällig auf eine geheime Orgie gelangt, über deren Hintergründe er später trotz aller Neugier, keinesfalls mehr etwas wissen darf, da müssen die internen Zirkel der Herrschaft und der Eliten eine konsequente Geheimhaltung an den Tag legen, um mit ihren nächtlichen Ausschweifungen und sexuellen Eskapaden nicht der Observation und sensationsgeilen Ausleuchtung durch die Massen zum Opfer zu fallen. Und wer in diese Zirkel der Macht hinein gelangen will, der kann dies nur über bestes Vitamin B und absolute Verschwiegenheit. Wer da zu neugierig oder zu quer drauf kommt, der muss mit weitreichenden Konsequenzen bezüglich seiner Karriere, seiner Reputation oder sogar seines Lebens rechnen.

Jedes dieser Alpha-Männchen und -Weibchen ist erpressbar. Auch wenn es Manchem immer noch wie eine Spekulation vorkommen mag, sie alle, die ganzen Libertins der Macht, auch heutzutage, haben sich irgendwann entschieden, in die inneren Zirkel der Macht einzutreten. Es ist doch kein Zufall oder harte Arbeit, allerhöchstens die Gnade ihrer elitären Herkunft, dass diese Männer (Berlusconi, Assenge, Kachelmann, Schwarzenegger, Strauss-Kahn etc.) es dorthin gebracht haben, wo sie sich zum Zeitpunkt ihrer sexuellen Skandale befanden - ganz oben an den Entscheider-Tischen und Schaltpulten der Macht. Sie alle haben zuallererst äußerste Verschwiegenheit gegenüber den zugrunde liegenden Strukturen und Kommunikationskanälen des globalen Gefüges der Herrschaft geschworen. Dafür stehen ihnen alle Herrschaftshäuser, jegliches Know-How, alle Tresortüren und Liebesdienste offen.

Das geht solange gut, bis es sich der heutige Libertin der Macht und der Sitten (im Sinne von Etikette), gemäß seines "Freien Willens" erlauben sollte, die geheimen Kreise, die ihn schützen und belohnen, ihn aber auch lenken, und vielleicht eines Tages jenen einen entscheidenen Dienst von ihm erwarten werden, jenen entscheidenen Vertrauensbeweis, der sein zukünftiges Leben glorreich, aber auch erpressbar machen wird, also in Frage stellen sollte. Wenn der Libertin mit Nicht-Eingeweihten darüber plaudern täte, verschwörerisch mit Untergebenen raunen oder gar einen größeren Plan hintertreiben, dann ist schnell Schluß mit lustig. Da reicht ein Dienstmädchen oder eine gezielte Indiskretion an der Hotelrezeption, dann wird der Libertin der Macht von dem Mühlrad zermahlen, das er selbst mit seinem Ego, seiner Gier, seinen Lastern und der Herrenmenschen-Perversion angetrieben hat.

Zurück