Käthe Kollwitz - "Akt im Fokus" bis 3. November in Regensburg
04.10.2013 14:46
Soziale Missstände, Hunger, Krieg, Trauer und Tod - dies sind die Themen, die gemeinhin mit dem Namen Käthe Kollwitz verbunden werden. Dass auch Aktdarstellungen alle Bereiche und Phasen ihres Werks durchziehen, ist weniger bekannt. In Zeichnungen, druckgrafischen Blättern und Skulpturen widmet sich die Künstlerin diesem populären Motiv. Zunächst mit Werken, die dem Symbolismus Max Klingers nahe stehen, dann - nach ihren Parisaufenthalten 1901 und 1904 - mit farbigen Drucken, die den Akten der französischen Moderne in nichts nachstehen. Und schließlich mit Zeichnungen und Skulpturen, die ihre Begeisterung für Rodin und Maillol durchscheinen lassen. Ein reich bebilderter Katalog konzentriert sich erstmals auf die herausragende Bedeutung der Akte und rückt damit das Schaffen Kollwitz' in ein neues Licht.
Für die Regensburger Ausstellung konnten wertvolle Leihgaben aus dem Käthe Kollwitz Museum Köln, dem Käthe-Kollwitz-Museum Berlin, dem Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr, der Akademie der Künste Berlin, den Kupferstichkabinetten in Berlin, Dresden, München und Stuttgart, und aus Privatsammlungen gewonnen werden. Manche der zusammengehörigen Skizzen und druckgrafischen Blätter werden so zum ersten Mal gemeinsam präsentiert. Neben Papierarbeiten und zwei Plastiken von Kollwitz aus den eigenen Beständen des Kunstforums illustrieren Werke ihrer Zeitgenossen Max Klinger, Ernst Barlach, Lovis Corinth, Clara Siewert, Emil Nolde, Erich Heckel, Otto Mueller und Max Pechstein den breiteren Kontext der Aktdarstellung.
Dgibt es ein Foto von 1888 oder 1889, das Käthe Kollwitz im Kreise der Münchner „Malweiber“ an der Künstlerinnenschule von Ludwig Herterich zeigt. Recht burschikos und selbstbewusst wirkt sie auf dem Bild, hält in der Hand einen großen Bierkrug; eine junge Frau, die ihren Freiheitsdrang auslebt. Da lässt sich noch nicht ahnen, dass die Grafikerin später zur Anwältin der Mühseligen und Beladenen werden sollte, die in ihren Bildern voller Anteilnahme und Mitgefühl von der Not der kleinen Leute, von der Armut, vom Elend der Mütter, von Schmerz, Leid und Tod erzählte.
Es sei für sie zunächst keine Rede gewesen „von einer bewussten Arbeit im Dienste des Proletariats“, schrieb Käthe Kollwitz später. Das geschah erst nach ihrer Heirat 1891, als sie durch die Armenarzt-Praxis ihres Mannes mit den tragischen menschlichen Schicksalen konfrontiert wurde. Über ihre Anfänge betonte sie jedoch: „Was kümmerten mich die Schönheitsgesetze, wie zum Beispiel die der Griechen, die nicht meine eigenen waren, von mir empfunden und nachgefühlt?“ Menschen aus dem bürgerlichen Leben waren für sie „ohne jeden Reiz“, erklärte sie: „Dagegen einen großen Wurf hatte das Proletariat.“
Das Schöne, das Würdevolle zu sehen im Einfachen, ja Hässlichen, das war das Merkmal ihrer Aktbilder. Ihre Modelle fand sie oft unter den Patientinnen ihres Mannes: verhärmte Arbeiterfrauen oder Elends-Prostituierten, die Kollwitz Modell standen. Die gezeigten Körper sind meist derb oder sogar plump. Da gibt es keinen voyeuristischen, männlichen Blick oder Idealisierungen gemäß eines Schönheitsideals. Sympathie hatte sie für ihre Modelle sie für die Frauen, denn in ihren Tagebüchern meint sie einmal sogar, dass eine gewisse Bisexualität für einen künstlerischen Menschen eine fast notwendige Grundlage sei. Die Kollwitz-Akte wirken meist in sich ruhend, es gibt aber auch lustvolle, ekstatische Bilder.
Käthe Kollwitz - "Akt im Fokus" ist zu sehen im Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Dr. Johann-Maier-Straße 5,
93049 Regensburg, vom 24.8.-3.11.2013. Nährere Infos unter Fon: 0941-29714-0, info@kog-regensburg.de oder www.kunstforum.net