Geschlechterkampf. Franz von Stuck bis Frida Kahlo

01.02.2017 18:58

Lovis Corinth - Ausschnitt aus Salome II, um 1900

Erotik und Liebe haben viel mit dem Buhlen und Werben um Aufmerksamkeit zu tun. In der Aufmerksamkeitsökonomie des heutigen "Medialen Zeitalters" ist der "Gendergap", die Geschlechterkluft bei der gesellschaftlichen Gleichstellung, eines der vorrangigen Themen in den Feuilletons. Der jüngst stattgefundene Marsch der "Pink Pussyhats", von bis zu einer Million Frauen gegen die Vereidigung des neuen, amerikanischen Präsidenten und gegen die "Vorherrschaft alter, weißer Männer", oder bei der erneut starken Bedeutung von Sexualität in künstlerischen und kulturpolitischen Aktionen und Positionen, bspw. bei Ai Weiwei, zeigt sich, wie sehr die Frage nach männlicher und weiblicher Identität von ungebrochener Aktualität ist. Das Städel Museum in Frankfurt präsentiert dazu in einer großen Sonderausstellung die prägnantesten künstlerischen Positionen aus der Frühzeit dieses Themas von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges, darunter Franz von Stuck, Max Liebermann, Édouard Manet, Gustav Klimt, Edvard Munch und Frida Kahlo.

 

In einer umfassenden Sonderausstellung widmet sich das Städel Museum einem zeitlosen Thema: der spannungsgeladenen Beziehung zwischen Mann und Frau und deren Darstellung in der Kunst. „Geschlechterkampf. Franz von Stuck bis Frida Kahlo“ beleuchtet die künstlerische Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen und -beziehungen von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Anhand von über 150 Werken zeigt die Ausstellung, wie kontrovers Künstlerinnen und Künstler der Moderne auf die Konstruktion von Geschlechtermodellen reagierten und wie sie Stereotypen, Idealbilder und Identifikationsfiguren in Malerei, Skulptur, Grafik, Fotografie und Film behandelten.


Es ist zu sehen, wie einige der gezeigten Künstler (abgesehen von Frida Kahlo oder Hannah Höch ansonsten wenige Künstlerinnen) dem Publikum in ihren Werken überzogene Charaktereigenschaften der Geschlechter vor Augen führen oder stereotype Rollenbilder untermauerten. Andere griffen gängige Klischees an und versuchten, diese durch Strategien wie Ironie, Überzeichnung, Maskerade und Hybridisierung aufzubrechen. Die Geschlechter-Differenz – basierend auf einer traditionellen Assoziation von männlich und weiblich mit Begriffen wie aktiv/passiv, rational/emotional, Kultur/Natur, Staat/Familie – wurde im Verlauf des 19. Jahrhunderts immer stärker herausgearbeitet und hat damit nicht nur die ökonomischen, sozialen und politischen Strukturen, sondern auch die Kunst maßgeblich geprägt.

Die Ausstellung baut auf dem Sammlungsbestand des Städel Museums auf, der mit Gemälden von Max Liebermann, Edvard Munch und Franz von Stuck, Skulpturen von Auguste Rodin sowie Fotografien von Frank Eugene oder Claude Cahun wichtige Positionen in Bezug auf diese Thematik umfasst. Anhand von bedeutenden Leihgaben werden bekannten Namen der Kunstgeschichte wie Hannah Höch, Édouard Manet, Gustav Klimt, Otto Dix oder Frida Kahlo gezielt kunsthistorische Entdeckungen zur Seite gestellt, die den Kanon um aussagekräftige Positionen erweitern, darunter Arbeiten von Leonor Fini, John Collier oder Gustav Adolf Mossa. Vor dem Hintergrund der intensiv geführten Diskussionen um die Rollen von Frau und Mann bietet das Ausstellungsprojekt einen differenzierten Einblick in die Komplexität der Problematik und beleuchtet die kunsthistorische Dimension eines bis heute hochrelevanten gesellschaftspolitischen Themas.

 

Die hochinteressante, sehenswerte Ausstellung mit einigen der größten Klassiker auch aus dem Bereich einer subtil oder symbolisch zwar polarisierenden, nichtsdestotrotz auch erotischen Kunst, im Frankfurter Städel-Museum, Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt am Main, ist noch zu bewundern bis 19. März 2017. Nicht verpassen!

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