Schöne und reiche Frauen aus New York in Hannover
30.11.2011 15:22
Mit seinen, vor allem durch das Katzsche Verfahren der reduktionistischen 'Verflachung' dreidimensionaler Bildinhalte zu opaken, klar umrissenen Flächen, charakteristischen Porträts, darunter von seiner Ehefrau und Lebensmuse Ada sowie seinen Impressionen vom Freizeitleben der Reichen und Schönen gelangte der Künstler zu Weltruhm und wirkte nachhaltig auf Kunst, Pop-Kultur und Werbeindustrie. Seine Gemälde erzielen heutzutage sechs- bis siebenstellige Dollarsummen. Alex Katz gilt als einer der wichtigsten Künstler der Welt und selbst Andy Warhol hat sich nach eigener Aussage formale Methoden bei Katz abgeschaut. Nun weilt die US-Malerlegende in Hannover und es ist Katz zweiter Besuch in der Stadt. In den 60er- Jahren war er schon einmal da und stellte in der Galerie Brusberg aus.
Bei der Vorbesichtigung für die Presse erinnert sich Alex Katz gerne an seine erstes Mal in Hannover. Die selten gezeigten "Nudes", die er nun mitgebracht hat, waren so noch nie zuvor in dieser Dichte zu sehen. „Naked Beauty“ – nackte Schönheit – hält durchaus, was der Titel verspricht. Für Katz streiften die New Yorkerinnen gern ihre Designerkleider ab. 21 Akte von 1960 bis 2011 sind in Hannover zu sehen, darunter eine nackte Muse, die Kaffee trinkt („Morning Nude“).
Auf die interessante Frage, wie sich das Verhältnis zwischen Maler und Modell gestaltet, antwortete Katz: "In dem Moment, in dem die Frauen im Studio die Hüllen fallen lassen, sei Sexualität für ihn ausgeblendet. Statt knisternder Erotik herrsche „Angst“ vor, die Angst des Malers, die künstlerische Aufgabe nicht zu bewältigen." Das Thema Angst gemahnt natürlich an die psycho-analytische Theorie von der unbewussten Angst des Mannes vor selbstbewussten Frauen, aber darauf antwortet er, dass er mit irgendwelchen Kastrationsängsten, die er versuchen würde, sich malend vom Leibe zu halten, nichts zu tun hat. „Psychoanalyse, Kommunismus und Primitivismus waren in meiner Jugend modern, und ich mochte nichts davon“, sagt er und legt die Stirn in Falten. Von einem Hofmaler der Upper Class hätte ich an dieser Stelle auch kein anderes Bekenntnis erwartet...
Neben den Aktbildern sind in der Kestnergesellschaft auch Stadtansichten des Altmeisters der Coolness ausgestellt. Man könnte auf die Idee kommen, dass die hell erleuchteten Fenster in nächtlichen Hochhäusern Bühnen für die nackten Schönheiten wären. Doch Katz winkt ab. Schwüle Phantasien, wie etwa die eines Edward Hopper, der davon träumte, bei nächtlichen Metro-Fahrten für Sekunden eine entkleidete Frau in einem hellen Fenster zu erblicken, sind seine Sache nicht. Er möchte die „moderne Frau“ zeigen, nicht passive Objekte. Künstlern, die weibliche Körper wie „Obst“ malen, gilt seine Verachtung.
Auch als über 80-Jähriger ist Alex Katz ein interessanter, schöner Mann. Wenn er still dasitzt, könnte man ihn für einen buddhistischen Mönch halten. Er selbst aber sieht sich als „aggressiven Stilisten“. Seine Prägung erfuhr er ganz klar in der Cool-Jazz-Ära. Seine Fragestellungen kreisen um Gegenständlichkeit und Abstraktion. Oberstes Gebot ist die Flächigkeit, wobei Katz das Kunststück gelingt, atmosphärisches Licht in Bilder zu schleusen, ohne seine Motive plastisch erscheinen zu lassen.
Da die Kestnergesellschaft gern doppelgleisig fährt, gibt es neben Alex Katz noch eine Fotoausstellung mit Bildern der Mode- und Werbefotografin Alice Springs (*1923 Melbourne), der Witwe von Helmut Newton. Darunter ist ihr erstes kommerzielles Bild: ein betörendes Werbefoto für die Zigarettenmarke Gitanes. Auch bei Springs regiert die Schönheit. Auch sie zeigt Akte, allerdings männliche. Die Liste der von Alice Springs portätierten Künstler, Schauspieler und Musiker liest sich wie dasw Who is Who der internationalen Kunstszene. In der kestner Gesellschaft sind unter anderem Portäts von Yves Saint Laurent, Karl Lagerfeld, Federico Felllini, Gerhard Richter oder Robert Mapplethorpe zu sehen
"Naked Beauty" von Alex Katz sowie die Ausstellung von Alice Springs in der Kestner Gesellschaft Hannover, Goseriede 11, ist noch bis zum 5. Februar 2012 zu bewundern. Kataloge zu beiden Ausstellungen sind erhältlich.