Roger Z. - Verlorene Akte

Die verloren geglaubten Akte aus dem unendlichen, erotischen Fundus des Roger Z. erscheinen wie hohle Fassaden fast vergessener Körper- und Kunstlust, wie Fragmente erst einer sinnliche Erinnerung, die dann jedoch zunehmend erregend durch die Raster unserer unbewussten Wahrnehmung hervor kribbelt. Schemenhafte Silhouetten wabern im Zwielicht beim Durchstöbern des Archivs, verdichten sich zu immer feiner gezeichneter Ornamentik, entfalten ihre wohlig-weiche, lasziv bewegte Frauengestalt. Fast greifbar jetzt einst originäre Akte der Kunst, eines urspünglichen Insistierens und Einfühlens in das im Alleinsein verlorene - doch Auserkorene. Des lustvollen Belastens, darin Befreiens, sich Aneignens, Formens und Genießens sowie des Verschmelzens im Liebesrausch nach dem künstlerischen Seelentausch. Nichts ist verloren, was vergessen war. Es wirkt weiter.

 

 

 

Verlorene Akte - Relikte aus der künstlerischen Erinnerung

Die hier zu genießenden Akte des Roger Z. stellen lediglich die hauchdünne Auswahl aus unzähligen, in Kartons, Kisten und Ordnern gestapelten Bilder seines kreativ-chaotischen Archivs dar. Viele dieser Papier-Arbeiten sind keine Originale, sondern Ab-bilder, Kopien, Extrakte und Replikationen aus ursprünglichen Bildwerken, seinen Fotografien und Filmen. Diese Originale wiederum beruhen auf damals irgendwann stattgefundenen Aktsessions mit - nun aus der Erinnerung zart auftauchenden - transzendent wie Feen und gleich wieder flüchtigen, damals in ihrer Selbstliebe so lustvollen Models. Die Aufregenden, Unvergleichlichen, doch wie sie erschienen so schon verlorenen, wie gewonnen so zerronnenen - sie alle befinden sich noch in vielen weiteren ungeahnten, im geheimnisvollen Halbdunkel witternen Truhen, Kuverts und Mappen des Künstlers als Ergebnisse, Zeugnisse und Hinterlassenschaften seiner unermüdlichen Schaffenskraft.

Dem neugierig Stöbernden, Aufsuchenden solch fast verloren geglaubter Erinnerungen gelingt es nicht immer, das Original eines Kunstwerkes aufzuspüren, von dem er gerade sowohl eine Tusche- und eine Kreidezeichnung, eine Collage auf Zeitungspapier sowie den Ausdruck eines Bildschirm-Scans in der Hand hält. Er fragt sich, was eigentlich das Original des erotischen Kunstwerkes ist? Ist es rein die Inspiration, die ihn zu der besonderen Schöpfungstat trieb? Ist es die wahrhaftig entstandene künstlerische Momentaufnahme (als Foto, als Film, als Zeichenakt) oder ist es die einmalige, authentische Situation der Session selbst und die Begegnung und Arbeit nicht nur mit der Gestalt, sondern pikanterweise mit der Persönlichkeit des Models (als Schöpfungs- und als Liebesakt)?

 

 

 

 

Erinnerungslust - Rekonstruktion einer abgelegten Akte

Einige der Original-Akte scheinen verloren in der Einfalt der Erinnerungen. Wobei, egal ob Original oder ob Kopie, auch das erotische Kunstwerk wird oft erst zu einem, an welchem Ort es prangt. Im Fundus des Künstlers verstaut kann es nicht zur Geltung kommen, von der ein Kunstwerk lebt. Besser schon macht es sich im gebührenen Rahmen über der Ladentheke eines Beate-Uhse-Sex-Shops, bis es wohlmöglich von der Inhaberin in ihr Schlafzimmer entführt wird. In einer Galerie oder Museum gar, da wird des Künstlers Werk dann zur Ikone, das kann auch ein kleines Hinterfrischkäseschachteldeckelbild sein. Warum eigentlich schafft die erotische Kunst solch eine große Wirkung zu entfalten?

Weil der Künstler erschafft wozu ihn die Neugier lockt. Weil ihre Lust seine Leidenschaft ist. Weil es ein Glück ist zündende Kontakte kennen zu lernen. Weil nur möglich ist was wirklich ist. Weil es den Anschein hat, als sei das Kunstwerk erhaben und enthoben von allen Ansprüchen, die wie billig, profan, trivial auch immer, trachten sollten, daraus einen anderen Nutzen zu ziehen als sich der künstlerische Selbstzweck daraus ergibt. Wenn von Kunst heraus gekitzelte Freude gar feucht wird, kann sie trotzdem nicht den erotischen Akt des künstlerischen Begehrens besudeln.

 

 

 

 

Die Liebe zum Motiv des weiblichen Körpers

"Du fragst nach einer Aussage von mir über meine Kunst. Mir ist eine Aussage in Form einer Alliteration eingefallen: 'Köstliche Körper'. Das klingt wie ein Reklametext und sagt über mich nichts aus. Oder vielleicht doch: Die Liebe zum Motiv des weiblichen Körpers ist größer als die Absicht, persönlichen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Sie ist auch unerschütterlich. Der Vorwurf, ich würde die Frau zum Lustobjekt degradieren oder sie auf ihre Sexualität reduzieren, kann ihr nichts anhaben. Andererseits distanziere ich mich entschieden von den Genossen, für die "versaut" ein Qualitätsmerkmal ist." (Roger Z.)

Die sehr präsenten weiblichen Wesen mit ihren wohlgeformten Körpern standen uns als Aktmodelle, Gespielinnen, Geliebte und Begehrenswerte einmal natürlich nahe. Intime, intensive Begegnungen mit selbstbewussten Frauen, welche so schnell wieder verschwanden, wie sie freudig und hingebungsvoll aufgetaucht waren.Wie gewonnen so zeronnen in Anbetracht der Schwierigkeiten, vertrauensvoolle Models zu finden, sind sie längst in der Vergangenheit verblasst, haben sich in der Zeit verloren. Doch durch die Neugestaltung und Rekonstruktion der weichen, gewogenen, sanften Rundungen ihres Leibs durch den Künstler, durch seinen liebevollen Gestus, Schwung, seine Zärtlichkeit und Raffinesse, gelangt die Erotik des längst vergangenen Augenblicks wieder in die Sinne eines Betrachtenden, den der lecker angerichtete Körper des Models nun auch anrühren, berühren sowie lustvolle eigene Erinnerungen in ihm erwecken kann.

 

 

 

 

Solltet Ihr, liebe Besucherinnen und Besucher der Ausstellung, weitere Fragen zu einzelnen Arbeiten oder zum Werk des Künstlers haben, wendet Euch doch bitte vertrauensvoll an die Galerie Liebreiz, hier...

 

 

Zurück